Berlinmusik: Maria undMick Jagger
Guter Bandname = gute Band. Diese Rechnung geht einigermaßen auf im Falle der Berliner Combo Der Elegante Rest (D. E. R.). Mastermind des Quartetts ist Sänger und Gitarrist Jörg Wolschina, den als umtriebig zu bezeichnen eher untertrieben wäre. Der aus Leipzig übergesiedelte Wolschina spielt noch bei Berlins neuer Post-Pop-Hoffnung Oum Shatt, zudem hat er in den vergangenen Jahren in den Bands LOT, Der Empfang, Boundary JIM, August in Rom und zeitweise bei Die Stahlharten Bäuche mitgewirkt. Nun widmet sich Wolschina also mal wieder Der Elegante Rest, die es schon seit neun Jahren gibt und bereits drei Alben veröffentlicht haben. So richtig bekannt sind sie nicht geworden, eher blieben sie ein Geheimtipp. Mit „Lessons in Japanese“ hat Wolschina nun ein chansoneskes, bluesiges und jazziges Songwriteralbum veröffentlicht, das tolle Momente hat, mit dem sie diesen Status aber wohl beibehalten werden.
Was schade wäre, denn ein paar Hits hat „Lessons in Japanese“ durchaus. Der erste Track „Verdammtes Leben“ etwa ist kurz, knackig, pointiert – und klingt, als hätte Jochen Distelmeyer die Selbstironie (wieder-)entdeckt oder Gisbert zu Knyphausen zu seiner Traurigkeit einen lakonischeren Unterton geaddet. „Frösche im Regen“ ist ein ebenso formidables, eher Element-Of-Crime-artiges Stück, und mit „Schuster“ feiert Wolschina später dann den Orgelblues. Das Stück hat so schöne Verse wie: „Geld spielt keine Rolle/ sagte der Playboy zu der heiligen Jungfrau Maria/ ich denk mir nur Schuster/ bleib bei deinen Leisten/ es ist nicht weit von mir zu dir“. Auch mit Jazzpunk kann Der Elegante Rest aufwarten, wie „Haarausfall“ beweist. Alternden Rockliebhabern könnte dieser Song Trost bieten: „Du wirst nie wieder so aussehen wie der frühe Mick Jagger“, singt Wolschina da und bedauert das auch bei ihm selbst spärlicher werdende Haupthaar (obwohl er dem frühen Mick Jagger weitaus näher ist als dem späten).
Die Lyrics sind durchgängig gut und unpeinlich, was man für das Genre deutschsprachiger Songwriter/Blues gar nicht hoch genug bewerten kann. Nur bleiben einige Songs musikalisch zu überraschungsarm. „Last Life In The Universe“ mäandert etwa balladesk wie Hintergrundmusik vor sich hin, „Bingo“ hat allzu gängige Bluesrock-Riffs und „Wenn Du es gut meinst“ ist eine Keyboard-Ballade, wie man sie wohl schon zu oft gehört hat. Der Rest aber ist elegant. Jens Uthoff
Der Elegante Rest: Lessons in Japanese (KTF Records/BelieveDigital), Live: 13. 5., Antje Öklesund
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