Berlinmusik: Hätte, hätte, Klarinette
Über die Liasons von Saxofon und House ist bereits einiges bekannt – dank dieser Kombination wurde in den letzten Jahren manch schmutzige Party gefeiert. Die Klarinette hingegen fristet ein Mauerblümchendasein in der elektronischen Musik, dieses sexy Instrument wird kaum mal ausgewählt. Andreas Ernst aus Berlin und David Baurmann aus Aachen leisten da mit ihrem Duo Randweg Pionierarbeit – ersterer ist Klarinettist und jagt die Klarinetten-Töne durch Effektgeräte; letzterer sorgt via Laptop und Cajón für die Beats. Mit „Meanderlust“ veröffentlichen die beiden diese Woche ein 10-Track-Album, dessen Titel den Weg weist: Mit einem chilligen Werk frönt das Duo der Lust ab- und auszuschweifen. Es ist bereits das zweite Randweg-Album, und das plackert und pluckert schön vor sich hin. Nur muss man in einen Flow hineinkommen, um als Hörer aufmerksam dabei zu bleiben. Bei den vertrackteren Stücken wie „Firletanz“ oder „The Beautiful World Of Larry Farrey“ gelingt das gut, zuweilen kommen die Songs aber auch etwas zu relaxt daher.
Andere Baustelle. Plattenbauten sind ideologisch irgendwie ganz schön festgelegt; ob zu Recht oder zu Unrecht, soll hier nicht weiter Thema sein. Die Band Plattenbau – die wiederum soll hier Thema sein – bezeichnet die eigene Kunst als „Post Ideological Surrealism“. Wobei man sagen muss, dass sich Hans Tobias (Gitarre/Gesang), Lewis Lloyd (Bass/Gesang) und Brandon Walsh (Drums) auf ihrem Longplayer-Debüt überdeutlich auf die Zeit beziehen, als es den Eisernen Vorhang noch gab. Genauer: auf die frühen 80er, auf Postpunk. Noch genauer: auf Joy Division und Wire, The Fall nicht zu vergessen. Plattenbau reihen sich also gut ein in ein langsam überbordendes Postpunk-Revival; man kann nicht sagen, dass sie dabei in irgendeiner Form originär wären. Aber die Referenzen sind eben nicht die schlechtesten. Dieser unterkühlte, breiige Gitarrensound, der Hall, die Basslastigkeit und die eingestreuten Slowmotion-Soli: All das erledigen Plattenbau sehr gut, und so hört man ihnen erst mal gerne zu und ist gespannt, was da noch nachfolgt. Zunächst mal steht für Plattenbau eine Reise in den dekadenten Westen an: Kommende Woche beginnt ihre US-Tour, während der sie auch beim Austiner South By Southwest, dem wohl wichtigsten Musikfestival der Welt, Halt machen.
JENS UTHOFF
Randweg: Meanderlust (Funken), Release 11. 3., Konzert 18. 3., 20 Uhr, Roter Salon
Plattenbau: s/t, CD/Kassette/Download. Info: plattenbau.bandcamp.com
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