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Archiv-Artikel

Berliner lieben’s direkt

Die Stadt hat sich in den vergangenen zwei Jahren zur Hochburg der direkten Demokratie entwickelt. Die Initiative „Mehr Demokratie“ spricht von großem Erfolg, fordert jedoch einige Nachbesserungen

VON FELIX LEE

In Sachen direkter Demokratie ist Berlin Spitzenreiter. Stand die Hauptstadt vor mehreren Jahren im bundesweiten Vergleich an letzter Stelle, ist sie inzwischen auf dem ersten Platz gelandet. „Berlin besitzt in Deutschland die bürgerfreundlichsten Verfahren für direkte Demokratie auf kommunaler Ebene“, sagte Michael Efler, Landesvorstandsmitglied der Initiative „Mehr Demokratie e. V.“. Er zog eine Bilanz dieser Verfahren, genau zwei Jahre nach ihrer Einführung.

Am 17. Juli 2005 wurde das Gesetz „Mehr Demokratie für Berlinerinnen und Berliner“ beschlossen. Damit waren unter anderem Bürgerbegehren und Bürgerentscheide zunächst auf Bezirksebene möglich. Vor knapp neun Monaten stimmten die Berliner einer Verfassungsänderung zu, die Volksbegehren auch auf Landesebene ermöglicht. Insgesamt seien in den vergangenen zwei Jahren auf Bezirksebene 17 Bürgerbegehen inititiiert worden, sagte Efler. Auf Landesebene hätten seit Herbst 2006 insgesamt 6 Volksbegehren begonnen.

Von den Bürgerbegehren auf kommunaler Ebene seien 13 von den Bezirksämtern für zulässig erklärt worden, teilte Efler mit. Bei 2 davon genügte die bloße Androhung, damit die jeweils zuständigen Bezirksregierungen einlenkten. Dies war der Fall bei den Begehren gegen die Privatisierung des Bethanien am Mariannenplatz und die Kürzungen bei der Jugendhilfe in Spandau.

Bei 3 Bürgerbegehren kam die benötigte Zahl der Unterschriften nicht zusammen, darunter die Initiative für das Sommerbad in Moabit. Vier Bürgerentscheide wurden nicht zugelassen, darunter die Initiative von Heinersdorfer Bürgern, die den Bau einer Moschee verhindern wollten. Ihr Ziel widersprach jedoch dem Grundrecht der Religionsfreiheit. Deswegen war es unzulässig.

Der Bürgerentscheid, der bundesweit am meisten Aufsehen erregte, war die CDU-Initiative, die Umbenennung der Koch- in Rudi-Dutschke-Straße zu verhindern. Die Mehrheit der Bürger in Friedrichshain-Kreuzberg sprach sich Anfang Januar 2007 jedoch für die Umbenennung aus.

Doch in die Lobeshymne mischten sich auch kritische Töne. In 2 Fällen hätten Politiker dem Begehren nicht den nötigen Respekt gezollt, so Efler. Die CDU habe bei ihrer Niederlage im Fall der Dutschkestraße das Ergebnis nicht anerkannt und weiter argumentiert, dass die unmittelbaren Anwohner der Kochstraße für den Erhalt des alten Namens gestimmt hätten. Doch es ist nicht zulässig, „nur ein Teilaggregat herauszupicken“, sagte Efler. Und beim Begehren für den Erhalt des Flughafens Tempelhof habe Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) schon vorab erklärt, dass sie sich eh nicht nach dem Ergebnis richten werde.

Trotz der erfolgreichen Bilanz gebe es Nachbesserungsbedarf: Bei den kommunalen Bürgerbegehren, die sich häufig um Kiezthemen drehen, kritisierte Efler den Zuschnitt nach Bezirken. Denn nicht immer würden sich dort alle Bürger dafür interessieren; die Beteiligung ist entsprechend gering. Zudem sei es den Bürgern zumindest auf Landesebene nicht zumutbar, dass sie für ihr Anliegen keine Erstattung der entstehenden Kosten eines Volksbegehrens erhalten.