Berliner Zeitung: Vielfalt sieht anders aus
Der DuMont-Verlag fusioniert die „Berliner Zeitung“ mit dem „Berliner Kurier“ und baut Stellen ab. Damit soll ausgerechnet das „Profil geschärft“ werden.
Selbst der Regierende Bürgermeister ist besorgt: Die Berliner Zeitung und der Berliner Kurier „sind unverzichtbare kritische und kompetente Stimmen, die einen wichtigen Beitrag zur demokratischen Debattenkultur in unserer Stadt leisten“, ließ Michael Müller mitteilen, kurz nachdem das Kölner Verlagshaus DuMont angekündigt hatte, die beiden Redaktionen zusammenzulegen.
Die Herren der DuMont-Spitze teilen dieses Statement wahrscheinlich – kommen aber zu einem anderen Schluss. Am Donnerstag informierten sie im Verlagshaus am Alexanderplatz die Belegschaft von Kurier und Berliner Zeitung über ihre Pläne für die beiden kränkelnden Blätter: Gegründet wird ein Newsroom, in dem Redakteure zusammen an beiden Zeitungen arbeiten. Wer dort künftig arbeiten will, muss sich neu bewerben. Boulevard und Qualität kommen so künftig aus einer Hand – anders, sagt DuMont, hätte die Berliner Zeitung nicht gerettet werden können. Sie hat massiv an Auflage verloren, mehr als 50 Prozent seit 1998, Online spielt sie kaum eine Rolle.
Ist die Fusion nun, wie der Regierende Müller meint, ein Verlust von Vielfalt, oder wie DuMont meint, ein Gewinn?
Klar ist, dass es die Berliner Zeitung, so wie sie bislang erschienen ist, nicht mehr geben wird. Wie soll ein verkleinertes Team, zusammengewürfelt aus Boulevard- und Qualitätsjournalisten parallel zwei weiterhin hochwertige Zeitungen machen? Noch dazu zwei, die ganz unterschiedliche Leser haben? Es ist kaum vorstellbar, dass dieser Anspruch aufrechterhalten werden kann. Wahrscheinlicher ist, dass die Profile der Zeitungen verwässert werden.
Das ist ein Verlust für den Berliner Zeitungsmarkt, der noch vor gut zehn Jahren einer der dichtesten und umkämpftesten der Bundesrepublik war. Anfang der 2000er druckte die Frankfurter Allgemeine ihre Berliner Seiten. Holtzbrinck und Springer lieferten sich eine Bieterschlacht um die Berliner Zeitung.
Und heute? Die Berliner Seiten der FAZ sind längst tot, Berliner Zeitung und Kurier werden eins, die Berliner Morgenpost verliert noch mehr Auflage als die Berliner Zeitung. Allein die taz und der Tagesspiegel verlieren „nur“ einstellig. Vielfalt sieht anders aus.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!