piwik no script img

Berliner SzenenKeine Panik, Esmeralda

Erste Schritte

Hier würde doch normalerweise Udo Lindenberg auftreten

„Ich muss mal kurz aufs Damen-Cabinett“, sagt eine Frau neben mir, und das ist ja auch zu süß, dass im „Theater des Westens“, in dem am Montag die First Steps Awards verliehen wurden, Schilder mit „Damen Cabinett“ und „Herren Cabinett“ den Weg in Richtung Keramikabteilung weisen.

Überhaupt macht sich der Nachwuchs gut im rüstigen Theater, vor allem wenn er – wie die Preisträger Nicolaas Schmidt für den formal strengen Liebeskummertrip „Final Stage“ oder Schauspieler Jonas Dassler für die Hauptrolle in „Lomo – The Language of Many Others“ – auf der Bühne vor Aufregung und Überwältigung so sympathisch stockt und stammelt: Genau das macht Authentizität aus. Und ergibt einen schönen Kontrast zu dem, was sonst in diesem Etablissement passiert, wenn alte Showhasen Disneys „Glöckner von Notre Dame“ besingen.

Auch mit der First-Steps-­Dokumentarfilmpreisträgerin Nora Fingscheidt kann man sich prima mitfreuen, die ihr in der gleichen Nacht in der ARD ausgestrahltes Mennoniten-Porträt „Ohne diese Welt“ eingereicht hatte. „Was die jetzt wohl denken würden“, fragt sie. Aber wahrscheinlich würde man einfach annehmen, das seien Kom­pars*innen für ein anstehendes 19.-Jahrhundert-Musical.

Auf der Aftershowparty verwechselt später eine Freundin kurz die Theater und behauptet glatt, hier würde doch normalerweise Udo Lindenberg auftreten. „Als Glöckner?“; fragen wir und finden das im Nachhinein eine ganz gute Idee: „Ey, keine Panik, Esmeralda, mach dein Ding, voll konsequent!“ Beim verdienten Spielfilm-Preisträger Adrian Goi­ginger (für „Die beste aller Welten“) hätte ich auf der Party übrigens gern noch aufgepasst, ob er auch nicht zu viel Sekt auf die Grippetabletten kippt, von denen er vorher auf der Bühne erzählte. Andererseits: Er ist schließlich erwachsen.

Jenni Zylka

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen