piwik no script img

Berliner SzenenWunderfitzige Touristen

Welche Sprache?

Die beiden waren noch nie in der Hauptstadt gewesen

Es ist immer wieder interessant, Berlinbesuchern die Stadt zu zeigen, und ganz besonders, wenn sie aus der Provinz kommen. Diese Erfahrung machte ich jetzt mit Siegfried und Monique, einem Ehepaar Anfang 50 aus einem 200 Seelen zählenden Dorf im Hochschwarzwald, wo ich vor einigen Jahren Dorfschreiberin war.

Die beiden waren noch nie in der Hauptstadt gewesen, und kurz vor der Abfahrt schrieb Siegfried: „Ich bin schon richtig aufgeregt.“ Am Tag ihrer Ankunft lud ich sie zu mir ein, und sie aßen zum ersten Mal Granatapfelkerne, die ich unter den Salat gemischt hatte. Was mich an das Schäufele erinnerte, das ich zum ersten Mal im Schwarzwald verspeiste und vorher auch nicht gekannt hatte.

Damit sie mehr als die klassischen Sehenswürdigkeiten zu sehen bekommen, fuhr ich mit ihnen ins Dong Xuan Center nach Lichtenberg. Monique, eine für Kitsch nicht unempfängliche Elsässerin, war begeistert und erwarb einen Spiegel, in dem sich zwei nackte Engelchen betrachten.

Inmitten all dem Plastik, Glitzer und Geblinke aus Fernost sprang mir ein Schlüsselanhänger ins Auge: Es war ein aus Holz geschnitzter Auerhahn. Im Hochschwarzwald gibt es wahrscheinlich weniger Auerhähne als im Dong Xuan Center. Siegfried erwarb für 3,50 Euro ein Exemplar, das nun die Population in der Heimat vergrößern wird.

Je länger die beiden in der Stadt waren, umso mehr Fragen stellten sie. Sie waren, um es im alemannischen Idiom zu sagen, wunderfitzig, neugierig. „Die Monique hat emol e Frog“, bereitete ihr Gatte die Piste, als wir im Café Intimes saßen. Monique räusperte sich kurz und lächelte etwas verlegen. „Welche Sprache wurde eigentlich in der DDR gesprochen?“

Am nächsten Tag ging ich mit ihnen in das Stasi-Museum im ehemaligen Ministerium für Staatssicherheit und betrieb Aufklärung. Barbara Bollwahn

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen