Berliner Szenen: Edamame, tiefgefroren
Wanstrammeln
An einem frühlingshaften Sonntag traf ich mich mit Freunden im Dong Xuan Center in Lichtenberg. Je näher die Straßenbahn dem ehemaligen VEB Elektrokohle kam, umso öfter hörte ich das Wort „Fidschi“, das zu DDR-Zeiten im Volksmund für Vietnamesen üblich war. Während ich am Eingang auf die Freunde wartete, beobachtete ich das Treiben auf dem Parkplatz. Offenbar erfolgreiche vietnamesische Geschäftsmänner manövrierten stolz ihre dicken Autos durch das Gedränge. Ein vielleicht 7-jähriger deutscher Junge trug stolz wie Bolle ein Plastikmaschinengewehr vor sich her, sodass ich in Deckung ging.
Zum Essen suchten wir uns eins der asiatischen Lokale aus, in dem viele Vietnamesen speisten. Wo es viele Deutsche gibt, ist zu befürchten, dass dort vorwiegend Schweinefleisch süß-sauer für den deutschen Gaumen angeboten wird. Ich entschied mich für glasierten Schweinebauch und ein Saigon-Bier. Danach suchten wir ein Lebensmittelgeschäft. Ich wollte Edamame kaufen. Vor einiger Zeit hatte ich die unreif geernteten Sojabohnen das erste Mal probiert und fand sie sehr lecker. Bald wurden wir fündig, und auch die Freunde nahmen eine Tüte tiefgefrorener Edamame mit. Sie kannten sie noch nicht und wollten sie probieren.
Als ich wieder zu Hause war, waren die Edamame bereits aufgetaut. Ich drückte die ersten Bohnen aus der Schale und verputzte sie. Bis mir einfiel, dass man auch Meersalz drauftun kann. Und dass man sie eigentlich einige Minuten in salzigem Wasser kocht. Ich schickte eine Nachricht an die Freunde. Doch die Informationen kamen zu spät. „Wir haben die halbe Tüte ohne Salz einfach so gemumpelt“, schrieb die Freundin. „Dann kriegen wir eben wanstrammeln.“ Allein wegen des schönen Wortes wanstrammeln hat sich die Fahrt nach Lichtenberg gelohnt.
Barbara Bollwahn
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