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Berliner SzenenEin paar Häuser weiter

Der Hund

„Was kann ich dir Schlechtes tun?“, fragt er

Die Zigaretten sind alle, die Musik ist gut, wir sitzen am Fenster. Und weil wir das erste Mal seit 300 Jahren einen kinderfreien Abend haben und auch noch trotz Müdigkeit die Wohnung verlassen haben, brauchen wir mehr Zigaretten. Ein Bekannter von K., der Psychotherapeut ist, legt traurige Musik auf. Sein Kumpel, ein Lehrer, tanzt dazu. Wir haben C. getroffen, der, nachdem wir über ihn sprachen, plötzlich in die Kneipe kam. K. trinkt das zweite kleine Bier, obwohl es eigentlich nur noch ein großes sein sollte, und sie sieht in ihrem Werder-Bremen-Pullover toll aus.

Ich ziehe meinen Mantel an und gehe raus. Der nächste Spätkauf ist gleich ein paar Häuser weiter. Drei Typen mit aufgepumpten Oberkörpern, die alle ein bisschen nach Gangster aussehen, stehen im Laden und begrüßen mich. Auf dem Verkaufstresen eine Spardose, auf der „Brunos Spardose“ steht. „Wer ist Bruno?“, frage ich. „Hier siehst du ihn!“, sagt einer der dreien, „Bruno muss viel essen!“. An der Wand hängt ein Poster. Darauf ein mächtiger Hund, der auf der Admiralbrücke steht. „Komm, hier!“ Er zeigt mit dem Finger hinter den Tresen. „Da ist er.“ Ich laufe um den Tresen herum. Bruno liegt auf dem Boden und knurrt. „Kannst ihn streicheln.“ Ich streichle ihn. „Bruno war auch schon in Filmen. Und hier!“ Er zeigt auf Zigarettenblättchen, die „Brunos Papers“ heißen und auf denen die Hundesilhouette abgebildet ist. Weil ich auf die aufgereihten Zigarettenpackungen sehe, fragt der, der hinter dem Tresen steht: „Was kann ich dir Schlechtes tun?“

Als ich wieder die Kneipe betrete, tanzen gerade der Therapeut und der Lehrer mit hochgestreckten Armen. Ich stelle die Zigaretten auf den Tresen, erzähle K. und C. von Bruno, und dann sagt C. mit seiner Stimme, die zu fortgeschrittener Stunde schnarrend wird: „Bruno kenn ich.“ Björn Kuhligk

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