piwik no script img

Berliner SzenenExpertenbesuch

Alte Sachen

Nicht nur mit Heizungen kannte sich der gute Mann aus

Es hatte eine Weile gedauert, bis ich drauf kam, warum meine Hausverwaltung für die vergangenen zwei Jahre bei den Heizkosten jeweils etwa 200 Euro Nachzahlung wollte, obwohl ich nicht mehr als sonst verbraucht hatte. Nachdem ich bei der Mieterberatung gewesen war und der Jurist keine Unkorrektheiten feststellen konnte, war klar, dass einige Heizkörper nicht richtig funktionieren. Selbst wenn ich sie maximal aufdrehte, blieb die untere Hälfte kalt.

Deshalb schickte die Hausverwaltung einen Handwerker. Der spazierte durch alle Räume, kontrollierte, ob Luft in den Heizungen oder etwas anderes nicht in Ordnung war. Nebenbei registrierte er jeden alten Einrichtungsgegenstand und stellte fachkundige Fragen. Schnell stellte sich heraus, dass der Handwerker nebenbei alte Sachen kaufte und verkaufte und mehr Ahnung hatte als ich, was die wert waren. Ebenso schnell stellten wir fest, dass wir beide aus dem Osten stammten.

Aber auch mit Heizungen kannte sich der gute Mann aus, und so fand er bald heraus, dass mit der Heizung im Bad etwas nicht stimmte. Er machte Fotos und Notizen und erklärte, er würde der Hausverwaltung einen Kostenvoranschlag schicken. All das war recht zügig erledigt, und doch blieb der Mann noch eine Weile. Das lag nicht nur an den Zigaretten, die wir rauchten, sondern an den Schränken, Lampen und Plattenspielern, die er begutachtete.

Er nannte mir eine Seite im Internet, auf der man alte Dinge kostenlos schätzen lassen konnte. Dieser Handwerker war Gold wert! Eine halbe Stunde, nachdem er gegangen war, war ich auf der von ihm empfohlenen Seite registriert. Nun warte ich gespannt, was die Experten zum Wert der alten Bauernschränke aus dem Osten sagen, die ich gar nicht verkaufen will. Ich möchte nur wissen, was die im Westen wert sind.

Barbara Bollwahn

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen