Berliner Szenen: Dönerbude
Mecker, mecker
„Kommt gleich, der Türke macht schon“, sagt der eine der beiden Mitarbeiter der Dönerbude, bei der ich an der Friedrichstraße eine Pizza für meine Tochter bestellt habe. Der andere lächelt meine Tochter an: „Na Mini, geht’s dir gut?“ Meine Tochter haucht leise „ja“ und vergräbt ihren Kopf in meinem Rücken. „Du sagst ja, dann bist du also auch eine Kartoffelnase“, sagt der Mann zu ihr über meinen Rücken hinweg. Meine Tochter lacht: „Ich bin keine Kartoffelnase, ich bin ein Elefant.“
Der Mann lacht sie an. „Ein Elefant, ja?“ Er wendet sich seinem Mitarbeiter zu: „Hast du das gehört? Eine gut gelaunte Kartoffelnase.“ Beide Männer lachen. Ich frage: „Haben die anderen Kunden heute alle so schlechte Laune gehabt oder was?“ Die beiden nicken. „Immer schlechte Laune.“ Meine Tochter nickt und sagt. „Ich bin ein Schottenmonster.“
„Also auch Ausländer“, sagt der Mann nickend zu seinem Mitarbeiter, gibt meiner Tochter ungefragt drei Pommes aufs Haus und sagt: „Schmeckt, ne? Wusste doch, dass es dir schmeckt. Kartoffelnasen schmeckt’s nie. Immer Pizza nicht italienisch genug, Döner nicht schnell genug, Kaffee nicht heiß genug. Mecker, mecker, mecker.“
Ich lächle ihn an. „Hier an der Friedrichstraße sind doch nur Geschäftsleute und Touristen, da kann man doch nicht auf alle Deutschen schließen.“ Er lächelt zurück. „Ich war schon überall: Neukölln, Kreuzberg, Friedenau. Alle gleich.“ Ich setze mich. Während meine Tochter eine Scheibe Salami nach der nächsten von der Pizza kratzt, kommt ein durchtätowierter Mann, bestellt einen Döner und fragt den Besitzer, wie sein Tag war. Der erzählt wieder, dass alle nur meckern. Der Tätowierte nimmt seinen Döner und sagt: „Komm, Mustafa, mach mal Urlaub. Du bist vor lauter Arbeit schon ganz miesepetrig. Man lebt nur einmal!“ Eva-Lena Lörzer
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