piwik no script img

Berliner SzenenIch bin ganz ruhig

Nichts kann stören

Ein junger Mann hatte den Satz auf seinen Arm tätowiert

Zuerst sah ich sie am Pariser Platz auf einer kleinen Protestkundgebung. Menschen mit Schildern, auf denen „Ich bin ganz ruhig“ und auf der Rückseite „Nichts kann mich stören“ stand.

Später sah ich sie am Ale­xan­derplatz Flyer verteilen. Auf denen wieder genau diese zwei Sätze standen. Aus einem Haus in dem Teil von Mitte, der irgendwie schon fast Kreuzberg ist, hingen Laken damit.

Aber gerade als ich dachte, ich hätte verstanden, worum es geht, tauchten sie an unvermuteten Stellen auf: auf der Anzeigetafel im Olympiastadion. Als Werbebotschaft, die von Doppeldeckern hoch über den Wannsee gezogen wurden. Ich sah ein Paar im Pärchenlook, das diese Sätze auf weißen T-Shirts trug (ebenso am Wannsee). Ich sah Busse der BVG, die sie als Werbeaufschrift an den Seiten trugen, ich sah sie auf der Karosserie von Taxen oder Pflegedienstwagen, ich erkannte die Sätze als Schrifttafeln, die in Sendepausen gezeigt wurden.

Ein junger Mann hatte den Satz „Ich bin ganz ruhig“ auf seinen Oberarm tätowiert. Eine Frau trug den Satz „Nichts kann mich stören“ knapp über ihrem Venushügel. Die U7 fuhr laut Anzeigetafel zum ersten Satz, laut Waggonanzeige allerdings zum zweiten. Eine Jenny-Holzer-Leuchtschrift über einem Stripteaselokal in der Urbanstraße wurde auf diese beiden Sätze umgestellt. Schallplattenhüllen, Wurfsendungen, Klingelschilder: überall plötzlich „Ich bin ganz ruhig“ und „Nichts kann mich stören“.

Dann schlief ich endlich wieder ein. Als ich wach wurde, konnte ich mich erinnern: Ich hatte nach „autogenem Training“ recherchiert. In einem ersten Schritt sollte man sich die Sätze „Ich bin ganz ruhig“ und „Nichts kann mich stören“ als indirekte Aufforderungen vorstellen. Also stellte ich mir diese Sätze als Demoschilder vor.

Dauerte ein wenig, aber schien zu helfen. René Hamann

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen