piwik no script img

Berliner SzenenAbtauchen und Lesen

Kommunaler Mix

Ein Hoch auf die letzten kommunalen Einrichtungen

Bis vor Kurzem habe ich es abgelehnt, im Winter ins Hallenbad zu gehen – das Prinzenbad im Sommer musste reichen. Doch jetzt habe ich die optimale, kommunale Mischung gefunden. Erst gehe ich im schön renovierten, irgendwie angenehm eckigen Fischerinsel-Bad schwimmen. Meist nur wenige Rentner, fast nie schreiende Jugendliche und in der Pause kann ich im Liegestuhl rumlümmeln. Sogar Zeitung lesen funktioniert – obwohl die Seiten meist von den nassen Fingern durchweichen. Durch die großen Fenster sieht man die Autos vorbeiziehen. Und ich weiß inzwischen, auf welcher Seite die Duschen heißer sind. Wenn ich vor drei da bin, unbegrenzt lange für 3,50 Euro.

Danach, auch um einen Kaffee zu trinken und ein zuckriges Franzbrötchen zu essen (schwimmen macht total hungrig), gehe ich rüber in die Zentrale Landesbibliothek (ZLB). Eine fast unendliche Auswahl an Zeitungen, Zeitschriften und natürlich Büchern. Lustigerweise gibt es hier tatsächlich weniger FAZ-, SZ- und Tagesspiegel-Leser und mehr Junge-Welt und ND-Studierer als in der Kreuzberger AGB. Der Crazyfaktor ist nicht viel höher als dort (letztens saß jemand mit nackten Füßen im Sessel, ein anderer Typ riecht nicht so lecker und murmelt vor sich hin, na ja) und die Franzbrötchen kosten 60 Cent weniger als im Westen. Es ist (natürlich, wie vor 89) weniger hektisch als dort. Bei Sonne sitze ich im Hof und belausche die irre jungen Studenten.

Es kommt natürlich nix weg in dieser Bibliothek. Sogar meine Badehose, die ich zum Trocknen über ein Heizungsrohr gehängt hatte, war den nächsten Tag noch da. Ein Hoch auf die letzten kommunalen Einrichtungen – alle lesen, schwimmen und sind happy. Jetzt muss nur das Prinzenbad wieder öffnen. Dann radle ich von da direkt zur AGB.

Andreas Becker

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen