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Berliner SzenenPinkler auf Krawall

Suffköppe

Ich goss die Pflanzen auf dem Balkon,ein Lüftchen wehte

Jetzt im Hochsommer ist wieder viel zu lesen über Ruhestörungen durch lärmende Touristen und Einheimische in Friedrichshain. Bisher habe ich davon zum Glück wenig mitbekommen. Doch in einer lauen Nacht gegen 23 Uhr, die Hitze hatte sich gerade schlafen gelegt, war es so weit. Ich goss die Pflanzen auf dem Balkon, ein angenehmes Lüftchen wehte und das Wasser, das aus der Gießkanne auf die Pflanzen fiel, war das einzige Geräusch. Bis diese überdrehten Promilleschreie durch die Stille peitschten. „Eeeeeeeeh!!!“ „Boah!!!!!“

Fünf Gestalten torkelten durch die Einfahrt neben meinem Haus, drei Männer, zwei Frauen, so 17, 18 Jahre. „Ick muss pissen!!!“, brüllte einer. Mit offener Hose drehte er drei torkelige Pirouetten und dann vernahm ich lautes Pladdern aus der Ecke neben dem Trafohäuschen. Der Typ ließ die gesamte Nachbarschaft an seiner Erleichterung teilhaben. „Aaaaah!“, schrie er gegen den Urinstrahl an. Die anderen waren damit beschäftigt, sich halbwegs auf den Beinen zu halten und auf ihre Smart­phones zu starren.

Dann wurde der Pinkler ausfallend. „He, Chris!“, schrie er und zeigte auf eins der Mädchen, das sich auf den Gehweg gehockt hatte. „Schlägst du die?“ Die Frage klang mehr nach einer Aufforderung als nach einer Frage. „Das hast du mir doch gerade verboten!!“, schrie der andere zurück. Da schaltete ich mich ein. „Könnt ihr weiterziehen?“, rief ich. „Hier wohnen und schlafen Leute!“ Der Pinkler war auf Krawall gebürstet. „Das hier ist öffentliches Gelände!“, schrie er zurück. Ich entgegnete, dass ich auch die Polizei rufen könne, und wiederholte, dass sie verschwinden sollen. „In zehn Minuten!“, schrie das Arschloch zurück. „Nein, jetzt!“, antwortete ich und verschwand vom Balkon. Den Gefallen eines Wortgefechtes tat ich ihm nicht. Eine Minute später war Ruhe. Barbara Bollwahn

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