Berliner Szenen: Beim Italiener
Peinliches Getränk
„Hunger!“, sage ich und schaue meinen Berlin-Besuch auffordernd an. Eigentlich müsste ich ja jetzt sagen, wohin wir essen gehen, aber das tu ich nicht, denn meine Besucherin hat es echt drauf: die leckersten Restaurants zu kennen.
„Woher kennst du das jetzt schon wieder?“, frage ich sie, als wir beim Italiener sitzen. Super riecht es hier; wir schnüffeln und schauen die Pizzen hinter der Theke an. „Hab ich gesehen, beim Vorbeifahren“, sagt meine Freundin und zuckt mit den Schultern, als wär’s nichts Besonderes. Aber es ist was Besonderes. Ich kann das nicht, mal eben so beim Vorbeifahren merken, wo das Essen voll lecker ist.
„Super“, sage ich. – „Na, noch haben wir nicht probiert.“ – „Dann los“, sage ich, und als wir die Pizza ausgesucht haben: „Ich geh bestellen.“ – „Ich will ’nen Cappuccino dazu.“ – „’nen was?“ – „Cappuccino.“ – „Zur Pizza?“ Sie nickt. „Aha“, sage ich, denn obwohl das auch was Besonderes ist, wie das mit dem Finden der Restaurants, bin ich jetzt nicht vollauf begeistert. Irgendwie komisch finde ich das, Cappuccino zur Pizza. Der Pizzabäcker findet das auch. „Cappuccino?“ – „Nicht für mich“, sage ich, und kurz überlege ich, ob es Verrat ist, Zeigefinger quer durch den Raum auf meine Freundin, aber dann denke ich, dass es doch wirklich ihr Wahlgetränk ist. Da kann ich auch anklagend zeigen. „Für sie.“
Der Pizzabäcker schaut, und jetzt komme ich mir doch schäbig vor. Sie ist’ne gute Freundin, find ich, mein Berlin-Besuch, nur Cappuccino und Pizza – nee. Ich schüttle den Kopf. „Für mich’ne Cola, extra groß“, sag ich und hoffe, dass die Wogen geglättet sind. Der Pizzabäcker schaut noch eine Weile auf meine Freundin, dann zurück zu mir. „Gut“, sagt er und nickt. „Kommt an den Tisch. Pizza und Cola.“ Den Cappuccino zählt er nicht mit auf. Bin gespannt, ob er den bringt. Joey Juschka
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