Berliner Szenen: Blank Pages
Berlin ist wild und gefährlich. Und unsere AutorInnen sind immer mittendrin. Ihre schrecklichsten, schönsten und absurdesten Momente in der Großstadt erzählen sie hier.
Wie viel Zeit verschwendet man doch im Internet, wie sehr behindert es doch die Konzentration! Oft hatte ich mir gewünscht, dass das Internet ausfiele. Ich war mir sicher, dass es mich nicht stören würde, wenn es kein Internet mehr gäbe. Dann war es tatsächlich weg. Ich schaltete den Router ein, wartete, schaltete ihn wieder aus. Das Netz war weg.
Obgleich ich es für den Text, den ich schreiben wollte, nicht brauchte, fühlte ich mich wie amputiert und unfähig, etwas zu tun. Ich starrte auf die weiße Box. Ich schaltete den Router aus und wieder ein, prüfte die Kabel, schüttelte die Box. Die Leuchte, unter der „Internet“ stand, leuchtete nicht. Nur die anderen leuchteten. Vielleicht war das ganze Internet ausgefallen, überall. Doch davon wäre sicher in den Radionachrichten berichtet worden. Vielleicht war nur das WLAN meiner Telefonfirma betroffen. Vielleicht hatte sie mich vom Netz genommen. Mein Konto war gerade gesperrt, vielleicht war ja die Abbuchung geplatzt und mit der Abbuchung jetzt das Internet. Denkbar ist alles.
Oder aber das Routerteil war plötzlich kaputtgegangen. Nur selten, alle paar Minuten, für den Bruchteil einer Sekunde, blinkte die Leuchte „Internet“ höhnisch auf. Der Mann von der Hotline, den ich kurz darauf dranhatte, war sehr nett und wunderte sich nicht darüber, dass ich meine Passwörter längst vergessen hatte. „Niemand merkt sich seine Passwörter.“ Weil ich nur selten mit derartigen Dienstleistern spreche, war ich so aufgeregt, dass mir das Wort „blinken“ nicht mehr einfiel. Er führte Messungen durch und sagte, schon bald werde wieder alles heil sein. Vier Stunden später kam eine SMS: „Ihre gemeldete Störung GEO-Sowieso wurde behoben.“ Danach war es so, als wäre der Laptop wieder neu. Der Bildschirm schien viel besser auszusehen. Nur stürzte dann mein Schreibprogramm Pages ab und der Text war weg.
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