Berliner Szene: Väter
Asterix
Max hat seine Schuhe bereits am Mittag geputzt und um zwölf vor die Tür gestellt. Jetzt liegt dort noch ein Blatt mit einer Nachricht. Vielleicht möchte er den Nikolaus besänftigen, weil er in den letzten Wochen nicht so artig war. „Liba Nikkolaus. Tschuldigunk WeGen Mein Vahalten. FarGese bitenicht das Astérix Heft Der PaPÜrUS fon César. Bite. Tschuldikunk.“ Er kennt nur die französische Schreibweise von Cäsar, da wir bei Erscheinen des neuen Heftes gerade in Paris waren und die Originalausgabe gekauft haben.
Mit Melanie habe ich eigentlich abgemacht, dass er dieses Mal nur einen Schokoweihnachtsmann erhält. Aber leider werde ich alt und sentimental. Darum lässt mich seine Botschaft nicht kalt. Nur: Wo treibe ich Sonnabendabend den Asterix-Band 36 auf? Die Buchbox in der Grünberger Straße hat geschlossen. Die Mehring-Buchhandlung in der Frankfurter Allee sowieso. Von der Libelle in der Bänschstraße ganz zu schweigen. Muss ich etwa Amazon bitten, noch schnell eine Drohne zu schicken? Das kann ich nicht tun. Den Internetkonzern möchte ich ja in den Bankrott boykottieren.
Besser noch mal beim Zeitungskiosk Samariterstraße vorbeischauen. Dort ist auch bereits Feierabend. Mist! Eine U-Bahn fährt ein. Ich seufze. Okay. Bei Ludwig Presse und Buch am Alex werde ich es noch versuchen. Dann ist aber Schluss. Zehn Minuten später stehe ich dort im Geschäft. Ich habe Glück und muss nicht lange suchen. Erleichtert greife ich nach dem Heft und begebe mich zum Ladentresen. Hoffentlich sieht man mir nicht an, dass ich jetzt noch ein Nikolausgeschenk kaufe. Vor mir ein Mann, der ebenfalls ein Asterix-Heft in der Hand hält. „Bin ich froh, dass Sie das haben. Hat sich mein Sohn zum Nikolaus gewünscht“, erklärt er der Verkäuferin. Wenigstens bin ich nicht der Einzige. Stephan Serin
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