Berliner Stadtschloss: Die Fassade bröckelt
Eine Barockhülle für das Schloss wird es nur geben, wenn die Bürger genug spenden. Der Bund will das Humboldt-Forum erst einmal ohne historische Fassade bauen.
Das Stadtschloss wird nur dann eine Barockfassade bekommen, wenn genug Spenden fließen. Ansonsten wird der Entwurf des Architekten Franco Stella vorerst eine schnöde Betonkonstruktion bleiben. Das geht aus einer Antwort des Bundesbauministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervor. Diese wollte wissen, was geschehe, falls die eingeplanten 80 Millionen Euro an Spendengeldern für die Rekonstruktion dreier Fassaden nach historischem Vorbild ausblieben. Die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretär Enak Ferlemann (CDU) war deutlich: "Eine gewisse zeitliche Entkoppelung zur Wiederrichtung der historischen Fassaden gegenüber dem übrigen Baukörper ist machbar." Das Humboldt-Forum könne man wie geplant realisieren - auch ohne Barockfassade. "Wir bekommen also einen Betonklotz, um den stückchenweise eine Sandbaufassade errichtet werden soll", sagte Heidrun Bluhm, die für die Linkspartei im Bauausschuss sitzt. "Das liest sich beinahe wie ein Scherz."
Das Bauministerium meint es durchaus ernst mit dem Vorschlag, die Barockfassade nachzureichen. 80 Millionen von insgesamt 552 Millionen Euro veranschlagter Baukosten sollen von privaten Spendern für die Fassadenrekonstruktion aufgebracht werden. Der Förderverein Berliner Stadtschloss des Unternehmers Wilhelm von Boddien hat bislang rund 20 Millionen gesammelt. Die 60 fehlenden Millionen soll eine vom Bund gegründete Stiftung einsammeln.
Laut Boddien ist das Auftreiben des Geldes bis zur Fertigstellung 2017 "locker zu schaffen". Der Bund plant das Humboldt-Forum derweil lieber ohne das private Geld: "Der tragende Bau wird so konzipiert, dass er wenn nötig auch vor der historischen Fassade fertig sein kann", sagte Ministeriumssprecherin Vera Moosmayer der taz. Die Form der Fassade, die "nach und nach ihr historisches Gewand erhalten wird", sei derzeit in Planung. Man könne sich auch eine "überwiegende Ausführung in Mauerwerk" vorstellen, so Moosmayer.
In Berlin, das sich mit 32 Millionen Euro an dem umstrittenen Bauprojekt beteiligt, steht man einem langsamen Wachsen der barocken Gestalt grundsätzlich positiv gegenüber. "Wichtig ist, dass das Humboldt-Forum kommt", sagte Kulturstaatssekretär André Schmitz (SPD). Der Inhalt sei wichtiger als die Fassade. "Ehrlichkeit und Qualität" sei gefragt. Nackter Beton könne die Spendenbereitschaft fördern, dürfe aber nicht wie eine "Discountfassade" aussehen.
Die grüne Stadtentwicklungssprecherin Franziska Eichstädt-Bohlig könnte sich ein "schönes Ziegelmauerwerk" vorstellen, das langsam von barocken Schmuckelementen besiedelt wird. Eine Sichtbetonwand oder eine bedruckte Plane als Zwischenlösung sei aber nicht akzeptabel. "Schließlich müssen wir mit einem Prozess von 20 oder 50 Jahren rechnen."
So lange will Bluhm aber nicht warten. Die Linke-Politikerin will erst einmal eine Antwort auf ihre Frage nach den Baukosten. Die könnten internen Schätzung des Bundes zu Folge auf bis das Doppelte steigen. Bislang heißt es aus dem Bauministerium dazu nur: "Die zukünftige Baukostenentwicklung ist nicht zu prognostizieren."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Fußball-WM 2034
FIFA für Saudi-Arabien
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen