Berliner Senator über Guantánamo-Häftlinge: "Gefährder will ich hier nicht haben"
Außenminister Steinmeier prüft, frei gelassene Guantánamo-Häftlinge aufzunehmen. Berlins Innensenator Körting lehnt im taz-Interview die Aufnahme Gefangener ab.
taz: Herr Körting, die Bundesregierung prüft die Aufnahme von Insassen aus dem US-Gefangenenlager Guantánamo. Ist das Land Berlin dazu bereit?
Ehrhart Körting: Ich habe keine Lust, von diesen Leuten auch nur einen einzigen nach Deutschland zu holen. In Guantánamo sitzt ja nicht der Trekking-Tourist, der durch Zufall in die Fänge der US-Behörden geraten ist. Das sind Sympathisanten der Taliban und der al-Qaida. Es sind dieselben Leute, die im Stadion von Kabul vor Begeisterung geklatscht haben, wenn Frauen zu Tode gesteinigt wurden.
Es handelt sich um Menschen, gegen die keine gerichtsverwertbaren Beweise vorliegen. Gilt dann nicht die Unschuldsvermutung?
Sie gilt, soweit es um das Strafrecht geht. Deshalb begrüße ich es außerordentlich, wenn jetzt der rechtswidrige Zustand in Guantánamo endlich aufgehoben wird. Trotzdem halte ich die Ideologie, die diese Menschen vertreten, für absolut menschenverachtend und widerlich. Solche Menschen will ich mir nicht nach Deutschland holen - sofern es sich nicht um deutsche Staatsangehörige handelt.
Was soll mit Häftlingen geschehen, die nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können?
Das müssen die Amerikaner mit den Heimatländern klären. Notfalls müssen die USA sie eben selbst aufnehmen.
Und wenn die Amerikaner sagen: Wir lösen das Lager nur auf, wenn die Europäer einen Teil der Insassen aufnehmen?
Das Risiko sehe ich nicht. Die Amerikaner haben diese Menschen nach Guantánamo geholt, deshalb haben sie jetzt auch die Verantwortung. Die Bundesrepublik hat damit nichts zu tun. Wir haben unsere Antiterrorgesetze nicht gemacht, um uns potenzielle Gefährder freiwillig nach Deutschland zu holen.
Wäre es nicht möglich, die Betroffenen zu überwachen?
Wir können unseren Steuerzahlern nicht zumuten, dass wir diese Leute erst freiwillig nach Deutschland holen - und dann Zehntausende von Euro ausgeben, um sie auf Schritt und Tritt überwachen zu können. Ich finde, das ist doch alles viel zu kurz gedacht
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich