Berliner Leibesübungen: Eisbären, die zuschlagen

Bei dem Eishockey-Bundesligisten läuft derzeit alles nach Wunsch: Das Team hat den stärksten Angriff der Liga und steht unangefochten an der Spitze der Tabelle. Und am Sonntag verputzten die Eisbären den Meister aus Mannheim mit 7:2.

Der Berliner Andrew Roach, rechts, kämpft gegen den Mannheimer Pascal Trepanier um den Puck.

Auf Tore der Eisbären Berlin muss man derzeit nicht lange warten. Am Sonntagnachmittag dauerte es gerade einmal 23 Sekunden, bis der traditionelle Tor-Jingle im Wellblechpalast erschallte: "Eene meene Miste, es rappelt in der Kiste". Verteidiger Andy Roach sorgte mit seinem Tor zum 1:0 gegen die Adler Mannheim schon früh für gute Stimmung auf den Rängen.

Die 4.695 Zuschauer in der ausverkauften Halle bekamen die Erkennungsmelodie der TV-Kindersendung Rappelkiste insgesamt noch sieben Mal zu hören. Die Begegnung endete 7:2. Und die begeisterten Eisbären-Fans feierten ihr Team danach ausdauernd mit Sprechchören. So kinderleicht hatte sich im Vorfeld niemand das Duell gegen den amtierenden Meister vorgestellt. Eisbären-Trainer Don Jackson bilanzierte allerdings das Geschehen auf gewohnt trockene Art. "Wir sind momentan sehr stark. Ich bin stolz auf mein Team. They look fit."

Bereits zu Beginn des zweiten Drittels war das Spiel entschieden. Innerhalb von nur 4 Minuten erhöhten die Berliner von 2:1 auf 5:1. Der unsichere Mannheimer Torhüter Adam Hauser schlurfte demoralisiert vom Eis.

Insgesamt schienen die Gästespieler wenig Vertrauen in ihre Fähigkeiten zu haben. Im ersten Drittel schossen sie nur kümmerliche vier Mal aufs Tor. In der Offensive konnten sie so gut wie keine Akzente setzen. Ganz anders die Eisbären. Sie schnürten die Mannheimer oft minutenlang in ihrer eigenen Hälfte ein. Zum Erfolg trugen dieses Mal vor allem die erfahrenen Kräfte bei. Roach und Kapitän Steve Walker trafen jeweils zwei Mal.

Bei den Eisbären läuft derzeit fast alles nach Wunsch. Nach der letzten Saison, in der fast alles misslang und sich der Club nicht mal für die Playoffs qualifizieren konnte, führen die Eisbären nun souverän die Liga an. Da drängt sich die Frage auf, was sich in den vergangenen Monaten gravierendes verändert hat.

Doch Pressesprecher Daniel Goldstein rät im Vorfeld von Interviews von dieser Frage ab. "Das Thema ist durch", sagt er. "Die Spieler reden nicht mehr gerne darüber." Gemeint ist das Thema Trainerwechsel. Denn außer diesem hat sich nicht viel getan bei den Eisbären. Die Spieler haben in der Vergangenheit diverse Male durchblicken lassen, dass die Atmosphäre unter ihrem alten Trainer Pierre Page zuletzt vergiftet war. Jetzt, da es so gut läuft, rühren sie nur noch widerwillig in der dunklen Vergangenheit.

"Don Jackson nimmt mir nicht jeden Fehler übel", lobt Verteidiger Jens Baxmann den neuen Coach - und sagt damit auch nicht wenig über den alten. Pagé wurde nach Niederlagen oft zum Wüterich. Viele der jungen Spieler waren dem Druck des cholerischen Perfektionisten nicht gewachsen. Nun treten sie alle so leichtfüßig auf, als wären sie von einem großen Alpdruck befreit worden. Beim 22-jährigen Baxmann und dem 20-jährigen Alexander Weiß ist dies am auffälligsten. Beide wurden in diesem Herbst erstmals in die Nationalmannschaft berufen. Stürmer Weiß zählt mit bereits neun Treffern zu den besten Schützen.

Als Team überzeugen die Eisbären mit Qualitäten, die ihnen auch unter der Leitung von Pagé schon zwei Meistertitel beschert haben. Mit 126 Treffern sind sie wieder einmal die mit Abstand offensivstärkste Mannschaft in der Liga. Zudem beeindruckt ihre Ausgeglichenheit im Kader. Und wie schon in den letzten Jahren kommen nirgendwo so viele deutsche Nachwuchstalente zum Einsatz wie bei den Eisbären.

Auf diese Kontinuität ist man stolz bei den Vereinsverantwortlichen. Die sprechen sowieso lieber über Konzepte und Strukturen als über Einzelpersonen wie Pagé oder Don Jackson. Derzeit wird engagiert für eine goldene Zukunft in der neuen O2-Arena am Ostbahnhof gearbeitet. Ab nächster Saison spielen die Eisbären in der Multifunktionshalle. Schon am Sonntag startete der Verein im Anschluss an das Spiel mit dem Dauerkartenvorverkauf für die neue Spielzeit. Die erforderlichen Formulare lagen auf allen Sitzen aus. Der sportliche Höhenrausch der Eisbären, wie er am Sonntag noch einmal eindrücklich dokumentiert wurde, hilft selbstverständlich dabei, das Stammpublikum in Richtung Stadtmitte mitzunehmen. Und wenn die Eisbären weiter wie gegen Mannheim auftreten, dann kommt vielleicht bald auch das Eventpublikum.

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