Berliner Landeshaushalt: 700 Millionen vermisst
Schwarz-Gelb im Bund bedeutet Steuerausfall für Berlin, klagt der Finanzsenator. Die FDP sagt: Stimmt gar nicht. Die CDU fordert einen Sparkurs.
Finanzsenator Ulrich Nußbaum befürchtet hohe Steuerausfälle für den Landeshaushalt durch die neue Bundesregierung: "Pro Jahr fehlen Berlin bei voller Wirksamkeit der Koalitionsbeschlüsse über 700 Millionen Euro." Wenn der Bund die Fähigkeit der Länder, ihre Ausgaben durch Einnahmen zu finanzieren, weiterhin untergrabe, dann "sind die Länder gezwungen, die Frage der Finanzordnung in Karlsruhe beim Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen".
Union und FDP wollen das Kindergeld um 20 Euro erhöhen, den Kinderfreibetrag anheben und die Einkommensteuer senken. Nach Berechnung des Bundes der Steuerzahler zahlt eine Familie mit zwei Kindern und 50.000 Euro Bruttoeinkommen im Jahr dann 691 Euro Steuern weniger. Ein Single mit 30.000 Euro spart 443 Euro, ein Rentner mit demselben Jahreseinkommen 387 Euro.
Nußbaum bezeichnete die Beschlüsse der Koalition als "unverantwortlich". Damit werde der "Weg in den Verschuldungsstaat" bereitet. Von den 21 Milliarden Euro Steuererleichterungen im Jahr 2010 sollen nach Nußbaums Befürchtung die Länder mehr als die Hälfte tragen. Die Steuerausfälle für Berlin seien so teuer wie 50.000 Studienplätze, 100.000 Kita-Plätze oder 250 Schulen. Jetzt setzt er auf den Bundesrat: "Auch die CDU-geführten Bundesländer dürfen ihre föderale Verantwortung nicht vergessen."
Christoph Meyer, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus, sprach von "Milchmädchenrechnungen" Nußbaums. Zur Frage, wie die Steuerentlastung "zwischen Bund und Ländern aufgeteilt wird, ist im Koalitionsvertrag nichts festgeschrieben". Die Drohung Nußbaums mit dem Gang vor das Bundesverfassungsgericht sei "daher vollkommen verfehlt und unseriös". Der Bund stehe in der Pflicht, die Steuerausfälle "mit einem strikten Konsolidierungskurs auf der Ausgabenseite" zu begleiten.
Die CDU geht dagegen offenbar sehr wohl von Steuerausfällen in Berlin aus. Der Haushaltspolitiker Uwe Goetze forderte den Senat auf, dies durch Kürzungen bei den Ausgaben auszugleichen: "Alle staatlich übernommenen Aufgaben werden auf ihre Notwendigkeit hin überprüft." Er warf dem Senat vor, mit den Steuereinnahmen "sozialistische Blütenträume" zu bezahlen. Darüber hinaus sei der Landeshaushalt für die Jahre 2010/2011 ohnehin nicht im Gleichgewicht, Nußbaum betreibe ein "Ablenkungsmanöver".
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