Berliner Hanfparade: „Den Gegnern geht die Puste aus“
Vor 20 Jahren wurde die Hanfparade gegründet und Hans Cousto ist von Anfang an dabei. Auch am Samstag wird er wieder auf der Straße sein.
taz: Herr Cousto, vor 20 Jahren wurde die Hanfparade ins Leben gerufen. Wie lange sind Sie schon dabei?
Hans Cousto: Von Anfang an. Schon an der Gründung des Hanfmuseums war ich beteiligt. Das war 1994. Aus dem Umfeld des Hanfmuseums ist dann die Hanfparade entstanden.
Jedes Jahr für die Legalisierung von Cannabis auf die Straße zu gehen, wird man da nicht müde?
Überhaupt nicht. Unsere Forderung, Cannabis als Medizin zuzulassen, ist am 10. März 2017 erfüllt worden. Das war ja ein einstimmiger Beschluss des Bundestages. Von der Wirkung, auch international, ist das ein großer Erfolg. Natürlich gibt es noch viel zu tun. Aber die Tendenz ist klar: Den Prohibitionisten geht die Puste aus.
Der 69-jährige Sachbuchautor wurde in der französischen Schweiz geboren. Seit 1988 lebt er in Berlin.
Was sind die größten Probleme?
Die medizinischen Dienste der Krankenkasse stellen sich bei der Kostenübernahme des ärztlich verschriebenen Cannabis quer. Das Gesetz ist gut, aber in der Praxis besteht großer Nachbesserungsbedarf. Eine andere große Ungerechtigkeit ist, dass Cannabiskonsumenten nach wie vor auch dann ihren Führerschein verlieren, wenn sie beim Autofahren nicht bekifft waren. Der geringste Nachweis im Blut reicht aus.
Sind Sie auch Konsument?
Gelegentlich. Wenn auf einem Festival eine Tüte rumgeht, ziehe ich auch gern mal dran. Aber ich muss das nicht jeden Tag haben. Beim Arbeiten bin ich in der Regel nüchtern. Das gilt auch für Alkohol. Zu Hause trinke ich selten bis gar nicht.
Die 21. Hanfparade startet am Samstag um 14 Uhr am Hauptbahnhof (Washingtonplatz). Die Route führt durch die Innenstadt am Bundesgesundheitsministerium vorbei zum Alexanderplatz. Dort findet die Abschlusskundgebung statt. Bis 22 Uhr gibt es dort auch Livemusik und Infostände zum Thema Hanf. (plu)
Warum engagieren Sie sich so für das Thema Legalisierung?
Das Verbot ist eine Bevormundung. Jeder hat das Recht, sein Leben so zu genießen, wie er will, solange das andere nicht beeinträchtigt. Was wir brauchen, ist mehr Drogenmündigkeit und mehr Drogenkompetenz.
Kiffern wird gerne ein Loser-Image angeheftet. Wie finden Sie das?
Ich kann dazu nur sagen: Ich kenne viele Leute, die ganz bürgerliche Berufe und Familie haben. Die rauchen am Abend gern einen Joint, bevor sie schlafen gehen, so wie andere Leute ihr Feierabendbier trinken.
Das diesjährige Motto der Hanfparade lautet „Breiter kommen wir weiter“. Ist das eine Anspielung auf den früheren CDU-Gesundheitssenator Mario Czaja, der eine Präventionskampagne „zu breit“ genannt hatte?
Das hatten wir schon vor Czajas Kampagne festgelegt. Der Slogan ist als Allegorie gemeint: „Breiter aufgestellt“. Je mehr Leute sich beteiligen, umso mehr Erfolg haben wir. Die Zusammenarbeit nicht nur mit Organisationen wie dem Deutschen Hanfverband und dem Hanfjournal wird immer besser.
Natürlich wird bei der Hanfparade auch gekifft. Wie reagiert die Polizei darauf?
Wir hatten Zeiten, wo alle Leute im Vorfeld kontrolliert worden sind, wo jeder Geldbeutel aufgemacht wurde, ob die was dabeihaben. Aber es gab auch Jahre, wo die Polizei sehr entspannt war. Auch beim weltweiten Global Marijuana March, der im Mai stattgefunden hat, waren die Polizisten sehr locker.
Nachzuhören in einem Song von Stefan Raab ist der Ausruf des grünen Bundestagsabgeordneten Christian Ströbele: „Gebt das Hanf frei“ – getätigt 2002 auf der Hanfparade. War das wichtig?
Der Bewegung hat das einen guten Schub verpasst. Christian Ströbele ist ein sehr respektierter Mensch in Deutschland. Er macht Politik mit den Leuten und nicht für Leute. Viele sagen, er ist das Gewissen des Bundestages.
Wird Ströbele am Samstag dabei sein?
Wir haben Christian natürlich eingeladen. Aber er ist schon in hohem Alter. Er hat gesagt, wenn er gut drauf ist, ist er da und wird auch was sagen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!