■ Jobs für die Welt: Berliner Dilemma
Die Drohung mit der Verlagerung von Arbeitsplätzen ist den Unternehmen ein probates Mittel geworden, profitablere Standortbedingungen einzufordern. Wie viele Jobs tatsächlich ins Ausland abwandern könnten und wie groß damit das Drohpotential der Arbeitgeber tatsächlich ist, weiß hingegen niemand. Die Friedrich-Ebert- Stiftung hat kürzlich in einer Studie die Vorstellung von Deutschland als dem „Weltmeister im Export von Arbeitsplätzen“ zu entkräften versucht. Die Verlagerung von jährlich maximal 2.000 Arbeitsplätzen ins Ausland, hatte sie errechnet, sei eine „volkswirtschaftlich zu vernachlässigende Größe“. Jedoch wird in der Studie auch darauf hingewiesen, daß deutsche Tochter- und Beteiligungsgesellschaften in Osteuropa ca. 50.000 Arbeitskräfte in der Verarbeitenden Industrie beschäftigen, um Exportgüter für Deutschland und Westeuropa zu produzieren, Tendenz steigend. Berlin steckt also in einem vielschichtigen Dilemma. Beim Wettlauf um billige Produktion werfen Unternehmen den „Ballast“ arbeitsintensiver Arbeitsplätze ab, die dann nicht mehr ihnen, aber den öffentlichen Kassen Kosten verursachen. Gleichzeitig erwarten die Unternehmen die vermehrte Vergabe öffentlicher Aufträge und profitablere Rahmenbedingungen um – so die Argumentation – Produktionsstandorte halten zu können. Die Kassen sind aber bekanntlich leer und werden sich mit Arbeitslosenzahlen auf Rekordniveau und Steuererleichterungen für Unternehmen nicht füllen lassen. Auch können Berliner Löhne nicht auf ein mitteleuropäisches Niveau herunterkonkurriert werden, um Arbeitsplätze zu sichern – schon deshalb nicht, weil Lebenshaltungskosten hier drei- bis viermal so hoch sind. Sollten Unternehmen also zukünftig vermehrt Arbeitsplätze exportieren, so müssen sie an den Kosten für die Weiterqualifizierung „betriebsbedingt Gekündigter“ stärker beteiligt werden. Peter Sennekamp
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