Berliner CDU-Vorsitzender Frank Henkel: Freundlicher Hardliner
Auf einmal steht die CDU wieder als Koalitionspartner der SPD zur Debatte. Und Frank Henkel, Partei-Vorsitzender in der Hauptstadt, könnte neuer Innensenator werden.
Als am Mittwoch die Nachricht die Runde macht, dass die Koalitionsverhandlungen von SPD und Grünen geplatzt sind, bleibt der Vorsitzende der Berliner CDU betont gelassen. Er wolle sich erst einen Überblick über die Lage verschaffen, anschließend werde er alle Medienvertreter zurückrufen, sagt der 47-Jährige auf eine spontane Interviewanfrage. Freundlich im Ton, bestimmt in der Sache.
Das entspricht dem Bild, das Frank Henkel von der Hauptstadt-CDU vermitteln will: Sie ist nicht mehr der Westberliner Klüngel, der unter dem damaligen Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen in den 90er Jahren erst die Berliner Bankgesellschaft und dann die große Koalition in den Sand setzte. Sie ist eine vernünftige, verantwortungsbewusste, weltoffene Partei - kurz: der perfekte Regierungspartner für die Berliner SPD.
Auch Henkel selbst unterzog sich einem Imagewandel. Er stammt aus einer katholischen Familie in Ostberlin, die 1981 die Drangsalierungen satthatte und auf die andere Seite der Mauer wechselte. Dort studierte er Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, bevor er als Diepgens Büroleiter die bisher letzten Monate einer CDU-Regierung in Berlin aus nächster Nähe miterlebte.
In den zehn Oppositionsjahren profilierte sich Henkel als Hardliner. Als innenpolitischer Sprecher seiner Fraktion oder später als Generalsekretär der Landes-CDU forderte er stets mehr Polizisten, dazu Schlagstöcke für zivile Kiezstreifen und die Straffähigkeit von 12-Jährigen. Auch schimpfte der Ost-Flüchtling gern über die "roten Socken" in der Linkspartei. Als 2008 der damalige Landeschef mit dem damaligen Fraktionsvorsitzenden um die Macht rang, war er der lachende Dritte: Er bekam beide Ämter. Seither präsentiert er sich als freundliches Gesicht der Berliner CDU. Ein Typ, dem man auch eine Hausratsversicherung abkaufen würde.
Nach der Wahl am 18. September freute er sich, dass seine Partei minimal auf 23,4 Prozent kletterte. Das Hauptziel sei erreicht: "Rot-Rot ist abgewählt." Nun kann er sogar mit einem Posten in der Landesregierung rechnen - als Innensenator zum Beispiel. Da wird er wieder den Hardliner geben dürfen.
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