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Berliner Adventskalender (22)22 Direktzüge von Berlin nach Hamburg

Die Strecke Berlin Hamburg war schon in den 30er Jahren gut für Geschwindigkeitsrekorde. Die zu brechen, hat seinen Preis.

Ist ein Zug verpasst, soll der nächste immerhin in einer Stunde kommen. Bild: ap, Roberto Pfeil

Zwischen den 1930er-Jahren und heute liegen 42 Minuten. Maximal. Manchmal, zum Beispiel am heutigen Dienstag um 13.23 Uhr, sind es auch nur 14 Minuten. So viel schneller ist die Bahnverbindung Berlin-Hamburg inzwischen durch den Ausbau der ICE-Strecke für eine Geschwindigkeit von 230 Stundenkilometern. Zuvor hatte sich die Reisedauer zwischen den beiden Städten durch Krieg und deutsche Teilung eher verlängert als verkürzt.

Hamburg gehört zu den Städten, die von Berlin aus am häufigsten zu erreichen sind. Im Schnitt 22 Direktverbindungen pro Richtung gibt es am Tag, genutzt von insgesamt mehr als 10.000 Reisenden. Durch die Geschwindigkeit wird die Fernverbindung für viele zur täglichen Pendelstrecke. Manchmal hat die allerdings ein paar unerwünschte Nebenwirkungen: Auch Unter- und Überführungen anstelle von Bahnübergängen, neue Oberleitungen und eine bessere Kommunikation zwischen dem Lokführer und der Betriebszentrale verhindern nicht, dass Wildtiere auf den Gleisen stehen, Oberleitungen reißen oder die Strecke wegen vergessener Koffer gesperrt wird. Verspätungen von mehreren Stunden inklusive. Wer regelmäßig fährt, kann sich schnell ein ansehnliches Arsenal an Apfelschorle in Mehrwegflaschen und Wasserpackungen aufbauen - beides verteilt die Bahn, wenn es deutlich später wird als geplant.

Die Strecke von Berlin nach Hamburg war schon in ihrer Anfangszeit ein Paradies für Eisenbahnfans. Nachdem am 15. Dezember 1846 erstmals ein durchgehender Zug der Berlin-Hamburger Eisenbahn-Gesellschaft zwischen den beiden Städten verkehrte, stellte Anfang des 20. Jahrhunderts der "Fliegende Hamburger" Geschwindigkeitsrekorde auf: Zwei Stunden und fünfzehn Minuten dauerte die Fahrt. Der Zug sah ein bisschen aus wie ein U-Boot auf Schienen, das jemand lila und cremefarben angestrichen hatte. Der Popularität der neuen Reisemöglichkeit tat das keinen Abbruch.

Kein Wunder, dass die DB nach dem ersten Streckenausbau in den 90er-Jahren für die Eröffnungsfahrt einen ICE mit dem klingenden Namen "Fliegender Hamburger" einsetzt. Dessen Fahrzeit ist allerdings im Vergleich zu den 30ern immer noch nur wenige Minuten kürzer. Erst als die Bundesregierung den geplanten Transrapid kippt, bekommt die Bahn nach der Jahrtausendwende die Chance auf eine zweite Ausbaustufe, um Züge mit Neigetechnik einzusetzen, die auch die Kurven schneller durchfahren können. Eine Stunde und sechsundreißig Minuten dauert die Fahrt jetzt - laut Fahrplan.

Doch einen Geschwindigkeitsrekord zu brechen hat seinen Preis: Zwischen den 30er-Jahren und heute liegen nicht nur 42 Minuten. Sondern auch mehr als 2 Milliarden Euro.

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