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■ BerlinalienEiertanz ums Tanztheater

Die Olympischen Spiele sind bereits perdu, Bundesregierung und Bundesparlament verzögern nachhaltig ihr Kommen, derweil die Investoren schon ihr Gehen ankündigen. Die Baulöcher im Herzen der Stadt entpuppen sich zusehends als Mördergruben nicht eingelöster Versprechen auf die Zukunft. In diesen schicksalsschweren Stunden der deutschen Hauptstadt tanzt ihr jemand buchstäblich auf der Nase herum. Johann Kresnik heißt der Mann, kommt aus Bremen und inszenierte zum Vietnamkrieg die „Kriegsanleitung für jedermann“ und zu den deutschen Verhältnissen „Ulrike Meinhof“. Dem Berliner Senat hätten diese Titel Warnung genug sein können, doch er wollte ja unbedingt ein Tanztheater in die Stadt holen, sozusagen als Kompensation für das Schiller Theater, dem er selbst den Garaus bereitet hatte.

Doch was als Balsam für die ob dieses Verlustes noch immer leidende Identität Westberlins gedacht war, entpuppt sich als zeitgemäßer Furor teutonicus der Tanzdiele. Nicht nur, daß Kresnik Trabi fährt und PDS wählen würde, wenn er nur könnte (er kann nicht, er ist Österreicher). Beides ließe sich zur Not noch als verklemmter Versuch der eigenen Ostintegration interpretieren und tolerieren, will er doch an die Ostberliner Volksbühne des nicht minder furiosen Frank Castorf.

Doch Johann Kresnik hat zudem aus seiner niederen Gesinnung keinen Hehl gemacht, als er jüngst im Amtsblatt der Hauptstadt, der B.Z., befand, daß Bundeskanzler Helmut Kohl genug fettes Material für das Theater abgäbe, die Politiker das Volk nur belogen hätten und er selbst, wie Arbeitslose und Skins, auch Häuser anzünden würde, wenn er in deren Situation wäre.

Bei diesen Bekenntnissen war es um die Fassung der Stadt Berlin geschehen. In einer Stadt, die über Jahrzehnte hinweg erfolgreich allen inneren und äußeren Feinden trotzte, die noch vor vier Jahren das Treuebekenntnis zu den jeweiligen Alliierten zur Grundbedingung allen Regierens erhob, war bei diesen Worten erneut Wehrbereitschaft gefordert. Und die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin ist gewillt, diesem kryptokommunistischen Unfug, der da tänzelnd einherkommt, die Stirn zu bieten.

Nicht mit Getöse, sondern still und stilvoll wird sie ihm den Garaus bereiten. Nein, gegen das Tanztheater habe man nichts, so ist aus dem Preußischen Landtag zu hören, aber solle doch der Herr Castorf sein eigenes Portemonnaie bemühen, wenn er den Herrn Kresnik unbedingt tanzen sehen will. Aus dem Landeshaushalt jedenfalls sollen die erforderlichen vier Millionen Mark für ein Engagement nicht bereitgestellt werden.

Koalitionsdisziplin oder Freiheit der Kunst

Die mitregierenden Sozialdemokraten werden sich diesem Veto schon aus Gründen der Koalitionsdisziplin nicht verweigern können, auch wenn ihnen die Freiheit der Kunst ansonsten über alles geht. Es müsse ein Weg gefunden werden, so heißt es aus ihren Reihen, das Theater an der Volksbühne anzusiedeln. Doch führt auch für die SPD dieser Weg durch die hohle Gasse des Landeshaushaltes.

Einzig die Opposition von FDP und Bündnis 90/Die Grünen zeigt sich angetan von diesem „politisch ambitionierten Theater von völlig eigener Ausprägung“.

Doch wozu braucht man bei soviel politisch ambitioniertem Eiertanz im Preußischen Landtag noch ein eigenes Tanztheater an der Volksbühne? Dieter Rulff

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