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BerlinalieDer schale Phil

Die Frau vom Pressecenter hat heute wenig Freude. Ein verschnupfter Journalist mit Köfferchen kommt alle paar Minuten zurück an ihren Tresen, um über die neue Berlinale hier am Potsdamer Platz zu meckern. Früher hatte das Festival „mehr Charme“, sagt er, wühlt in einem Stapel mit Broschüren und lässt die Reste dann auf ihrem Counter liegen. Ein anderer Kollege findet, dass 50 Mark Bearbeitungsgebühr für den Presseausweis „halsabschneiderisch“ sind, irgendwer kann die Toiletten nicht finden, und noch jemandem ist die Luft im Berlinale-Palast zu schlecht – „da müssen Sie aber schleunigst was gegen machen!“

Am schlimmsten ist aber die Musik, die von einer Balustrade wummert. Phil Collins. Erst „In the air tonight“, dann „Sussudio“, dann ein Instrumental, dann Phil als Tarzan, als Genesis, als „Woman in Red“. Das ist nicht mehr Filmfestival, das ist schon Vorhölle. Vielleicht mag Moritz de Hadeln Collins, so wie Wenders darauf steht, wenn Bono wimmert. Es ist halt eine Generationsfrage, die hier auf der Berlinale auch einiges über Distinktion besagt: Der schale Phil als Mainstream von Mitte?

So haben sich alle schon in dieser Kulissenwelt und -wirklichkeit eingerichtet. Die Radio-Eins-Moderatoren müssen den Standort für ihren orange Bus gegen LKWs vom Bauplatz nebenan verteidigen, Radio Kultur hat im Debis-Gebäude ein verglastes Kabuff bezogen, das aussieht wie ein Frisörsalon. Ein junger Mann verteilt derweil Flyer für Pizzas an die ersten Kritiker, die gerade aus der Premiere von „Three Kings“ kommen. Die meisten lehnen dankend ab und gehen direkt zu McDonald’s. hf

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