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BerlinalieLiebesmüh

Es ist immer dasselbe, wenn Kenneth Branagh und Shakespeare zusammentreffen. Dann gibt es Shakespeare für alle, vor allem aber für einen, Kenneth Branagh selbst. Die ihrer greifbaren, naiven Begeisterung wegen schätzenswerte Dichterpflege schlug mit „Hamlet“ ins Megalomanische um. Branagh durchtobte jede Szene und dominierte noch den letzten Winkel des Films. Nun scheint seine Lust zur Monumental-Literaturverfilmung einstweilen gebremst, nicht aber die Treue zum Lieblingsautor: „Love’s Labour’s Lost“ gehört kaum zu dessen Spitzenwerken, schon in der Stückwahl also legt Branagh eine neue Bescheidenheit an den Tag. Nicht abgelassen hat der Shakespearomane von seiner Vorliebe, die Textvorgabe möglichst schick zu verpacken. Am meisten haben Branagh dabei wohl Musicals beeindruckt. Er hat die Handlung in die späten 30er-Jahre verlegt, lässt seine Schauspieler Ginger Rogers und Fred Astaire spielen und tanzen, Strass funkeln und falsche Wimpern klimpern. Vor allem singen müssen sie, Irving Berlin, Gershwin und Cole Porter, „Cheek To Cheek“ und „Fancy Free“. Es ist ein hübscher Film, moderat, amüsant und gelinde politisch korrekt, da hier einmal die Frauen die Fäden in der Hand halten.

Wie der Film so die Berlinale-Party, wohltemperiert. Schauplatz war die Einkaufspassage „Quartier 206“, in deren Art-déco-Ambiente sich die Leinwand-Handlung nahtlos in Eigenregie fortsetzen ließ. Zufällig passte auch die meist schwarze Kleidung der Gäste zum Gesamtbild. Unablässig fuhren Party-Besucher, meist gefüllte Gläser in den Händen, die Rolltreppen der Passage auf- oder abwärts und sahen dabei selbst aus wie Darsteller in einem Theaterstück. Ein Swing-Orchester spielte, manchmal tanzte davor ein verlorenes Pärchen. Mit den angereisten Stars verhielt es sich wie auf den meisten dieser Veranstaltungen: Sie thronten in einem Separee, waren aber immerhin sichtbar. Wer die Rolltreppe auf- oder abwärts fuhr und eine kleine Verrenkung machte, hatte Gelegenheit, sekundenlang Kenneth Branagh zu besichtigen. Nicht viele machten sich die Mühe. Marion Löhndorf

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