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Berlinale-Eröffnung "The International"Kontrolle ist alles

Pünktlich zum Credit Crunch: In Tom Tykwers neuem Thriller "The International", mit dem gestern die Berlinale eröffnete, sind die Banken nicht "bad", sondern "superbad".

Interpol-Agent Salinger (Clive Owen) gerät in eine Schießerei. Bild: dpa

Bekanntlich wird zurzeit ausgiebig über Einrichtung und Notwendigkeit einer sogenannten "Bad Bank" diskutiert. In Tom Tykwers "The International", mit dem Donnerstagabend die Berlinale eröffnet wurde und der am 26. Februar in den Kinos anläuft, gibt es eine Bank, die ist sogar superbad. Wegen ihr sterben Menschen. Nicht so, wie Kritiker es dem Finanzwesen ohnehin vorwerfen, also durch Schuldenfalle, Entzug von Kredit und Lebenschancen. Sondern durch Blausäure, Gewehrkugeln und kunstliebhabende Auftragskiller.

Und weil wir hier im Unterhaltungskino sind und nicht in der Gegenwart, geht es nicht um Credit-Default-Swaps, Leerverkäufe oder andere Konstrukte, die angeblich sogar für Experten zu nebulös geworden sind, sondern um Einsätze, die jeder Zuschauer versteht: Waffenhandel, Millionenbeträge, Macht. Wer die Schulden kontrolliert, kontrolliert alles, erklärt eine der Figuren. Das ist im Film als Warnung gemeint. Was allerdings passiert, wenn die Schulden selbst außer Kontrolle geraten, kann man täglich in der Zeitung lesen. Da wünscht man sich in die geordneten Verhältnisse eines Drehbuchs zurück.

Dort sind die Rollen noch klar verteilt: Ein Interpol-Agent (Clive Owen) und eine Staatsanwältin (Naomi Watts) versuchen, die Machenschaften und Geldwäschereien einer international aufgestellten Bank aufzudecken. Auf der anderen Seite dirigieren Ulrich Thomsen ("Adams Äpfel") als Kopf der Banken-Bande und Armin Mueller-Stahl als Ex-Stasi-Offizier die Gegenmaßnahmen, um dem Zugriff der Justiz zu entkommen. Als der Rechtsweg irgendwann erschöpft ist, beschließt Clive Owen, die Verantwortlichen im Alleingang zur Rechenschaft zu ziehen.

Wie es sich für einen Thriller aus der Welt der Hochfinanz gehört, sehen alle Geschäftsmänner aus, als wären sie bereit, im nächsten Augenblick eine Beretta aus ihren maßgeschneiderten Anzügen zu ziehen. Unter der luxuriösen Oberfläche lauern Korruption und Mordlust. Ebenso lauern sie unter der Glas-und-Stahl-Architektur, die den Look des Films dominiert: Da wird der Berliner Hauptbahnhof zur Kulisse eines stummen Mordanschlags und das Sony Center am Potsdamer Platz zum Sitz des Generalbundesanwaltes (Sony Pictures hat den Film produziert). Irgendwann rächt sich der Film an der kalten Moderne: Die Rotunde von Frank Gehrys Guggenheim-Museum in New York wird in einer zehnminütigen Schießerei praktisch auseinandergenommen.

Aber abgesehen von solchen spektakulären Schauwerten, ohne die schließlich kein Multi-Millionen-Unterhaltungsprodukt auskommt, haben Tom Tykwer und sein Kameramann Frank Griebe für "The International" auch Bilder gefunden, die auf subtilere Weise Beklemmung erzeugen: das plötzliche Zusammenbrechen des Interpol-Agenten auf der anderen Straßenseite; der Wagen mit dem Justiziar, der in den Tunnel hineinfährt, aber nicht mehr herauskommt; die senkrecht von oben gefilmte Menge, die nach dem Anschlag auf den Politiker auseinanderstiebt wie ein aufgescheuchter Vogelschwarm.

Das kriminelle Finanzwesen macht keine Gefangenen und kann, wenn überhaupt, nur durch seinesgleichen gebremst werden. Dass irgendwie alle darin verwickelt sind und davon profitieren, von Mafia bis CIA, und die Schurken austauschbar sind, gehört zu den ewigen Weisheiten des Genres.

So ist "The International" - erstaunlich genug für einen Film, der von Konspiration, Paranoia und den Winkelzügen des organisierten Verbrechens erzählt - letzten Endes ein Thriller ohne Geheimnis, der wie seine Hauptfigur stur voranschreitet. Die Polizisten jagen einer Spur nach der anderen hinterher, erleben Rückschläge, greifen nach jedem Strohhalm. Die Gesichter der Gegenseite sind von Anfang an bekannt, ebenso ihre Interessen. Die Macht gibt sich kaum Mühe, ihre Arroganz zu überspielen.

Was der Dramaturgie an Überraschung und Doppelbödigkeit fehlt, macht das Drehbuch durch einen atemlosen Wechsel der Schauplätze wett: Berlin, New York, Lyon, Mailand, Istanbul. Man könnte sich glatt in einen Bond-Film der Sechzigerjahre versetzt fühlen, wenn Clive Owen nicht ständig wie ausgespuckt herumlaufen würde. Aber da geht es dem neuen Bond ja auch nicht anders.

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