Berlin : Programm im März
vom 30. März bis zum 2. April 2016
Die Reisen zu den anderen Terminen, werden mit sehr ähnlichem, aber nicht identischem Programm angeboten. Sie finden die weiteren Programme hier in den nächsten Wochen.
1. Tag (Mittwoch)
"Geteilte Stadt" - Auftakt in Kreuzberg und Mitte
Der erste Tag beginnt um 9.30 Uhr mit einer kurzen Einführung im taz Café in der Rudi-Dutschke Straße in Kreuzberg. Nach der Begrüßung und einer kleinen Vorstellungsrunde geht es auch gleich los zum ersten Programmpunkt, einem Rundgang zum Thema „Geteilte Stadt“.
Taz-Berlin-Redakteur Uwe Rada führt Sie zu Fuß vom Checkpoint Charlie zu den Resten der Berliner Mauer am Martin-Gropius-Bau und weiter über den Potsdamer Platz zum Brandenburger Tor – durch das ehemaligen Grenzgebiet zwischen Ost und West-Berlin. Nach einer individuellen Mittagspause geht es am Nachmittag nach Neukölln.
Nachmittag in Neukölln: Einwanderung und Integration
In Neukölln leben Menschen aus über 190 Herkunftsländern. Davon, dass der Bezirk nicht erst seit gestern „multikulti“ ist, zeugt das Böhmische Dorf, Kern des alten Neukölln. Dort beginnt die Tour über Geschichte und Gegenwart des Einwanderer-Bezirks in Begleitung von taz-Berlin-Redakteurin Alke Wierth.
Vom böhmischen geht’s ins orientalische Neukölln: An der Sonnenallee – von arabischen NeuköllnerInnen liebevoll Abu-Ali-Straße, von manchen Deutschen weniger liebevoll Gazastreifen genannt - bestimmen EinwanderInnen aus der Türkei und arabischen Ländern das Bild. Beim Bummel über die Geschäftsmeile berichten uns junge NeuköllnerInnen vom Alltag in dem Stadtteil und den Geschichten ihrer Familien.
Die Jugendlichen werden von Streetworkern des Trägers „Outreach“ betreut und werden etwas zur Einwanderungsgeschichte ihrer eigenen Familien, ihrem Selbstbild, ihren Erfahrungen mit Integration, Vorurteilen und Stereotypisierungen erzählen. Und natürlich werden sie auf einem Stadtrundgang auch etwas von „ihrem“ Neukölln zeigen.
Zum Abschluss kann in einem Café oder einer Shisha-Bar auf der Sonnenallee über die Eindrücke des Nachmittags gesprochen werden.
Ausklingen wird dieser erste Tag in einem Kreuzberger Restaurant, mit einem gemeinsamen Abendessen, bei dem Sie mit verschiedenen taz-RedakteurInnen ins Gespräch kommen können.
2. Tag (Donnerstag)
Neue Alternativen: Co-Working und Stadtgarten in Kreuzberg
Am Kreuzberger Moritzplatz beginnt der Vormittag im 'betahaus' . Die taz-Autorin und ehmalige Öko-Wirtschaftsredakteurin der taz, Annette Jensen, wird Sie begleiten. Das Betahaus ist einer der bekanntesten Co-Working-Spaces in Berlin, ein Ort, an dem Freiberufler Werkstätten, Büros und Arbeitsplätze gemeinschaftlich nutzen und der als Treffpunkt der Berliner Start-up-Szene gilt. Bei einem kleinen Frühstück stellen einige der hier Arbeitenden sich und ihre Projekte vor.
Gleich um die Ecke befinden sich die Prinzessinnengärten, ein urban-gardening-Projekt, das 2009 auf einer ehemaligen Brache als mobiler Garten entstand und sich seitdem fest als Gemeinschafts- gartenprojekt, Lernort für Kinder und Erwachsene und natürlich als grüne Oase in der Stadt versteht. Auch ein kleines Café ist entstanden, regelmäßig finden Floh- und Staudenmärkte statt. Bei einer kurzen Führung über das Gelände erfahren Sie etwas über die Idee und Geschichte des Projekts und können sich diesen Garten mitten in der Stadt näher ansehen.
In den Prinzessinnengärten, im Café des Betahauses oder in der angrenzenden Oranienstraße gibt es viele Möglichkeiten für eine individuelle Mittagspause.
Muslimisches Leben in Berlin
Wir bleiben auch am Nachmittag noch in Kreuzberg. Auf einem Spaziergang zum Thema Mythos Kreuzberg und muslimisches Berlin begleitet taz-Inland-Redakteur Daniel Bax Sie durch den legendären Einwanderer- und Alternativbezirk, der nach dem Mauerfall von der Randlage in West-Berlin in die Mitte der Hauptstadt gerückt ist. Fast ein Drittel der Bewohner von Kreuzberg sind Migranten, die meisten davon türkischer Herkunft, und sie prägen das Bild des Bezirks.Sie sind heute aber auch am stärksten von der Verdrängung bedroht.
Der Spaziergang führt vom Oranienplatz über diverse Nebenstraßen mitten durch das pulsierende Zentrum des Bezirks bis zum Kottbusser Tor. Er zeigt das Besondere der „Kreuzberger Mischung“, die den Bezirk zu einem Touristenmagneten hat werden lassen, und führt die Vielfalt türkisch-muslimischen Lebens in Berlin vor Augen.
In Kreuzberg sind gleich mehrere repräsentative Moscheebauten entstanden, aber auch Minderheiten wie Kurden und Aleviten haben sich hier etabliert. Steigende Mieten und der Tourismus, etwa die Umwandlung in Ferienwohnungen, gefährden das bewährte Miteinander jedoch. Ein Besuch bei lokalen Initiativen am Kottbusser Tor zeigt, wie die Anwohner dafür kämpfen, die besondere Mischung ihres Bezirks zu erhalten.
Abend auf dem Tempelhofer Feld
Abends geht es dann ins Grüne. Naja, fast. Taz-Berlin-Redakteurin Malene Gürgen führt Sie über das Tempelhofer Feld: das Gelände des ehemaligen Flughafens Berlin Tempelhof, heute eine der wohl größten unbebauten inner- städtischen Flächen Europas.
Seit der Schließung des Flughafen vor acht Jahren haben sich die Berliner das Gelände angeeignet: sie nutzen es als Park und Sportanlage, als Fläche für Stadtgärten und zur Erholung.
In den ehemaligen Hangars sind seit Ende 2015 Flüchtlinge untergebracht. Malene Gürgen wird Ihnen etwas zur Geschichte des Flughafens, aber vor allem auch über die umstrittene Entwicklung des Geländes in den Jahren seit 2008, die „Demokratische Initiative 100% Tempelhofer Feld“ und die Senats-Pläne zur zukünftigen Nutzung erzählen.
Der Rest des Abends steht Ihnen ab ca. 19 Uhr zur individuellen Verfügung.
3. Tag (Freitag)
Ein Vormittag in der taz
Der heutige Tag beginnt im taz-Verlagsgebäude: Sie können an der morgendlichen Redaktionskonferenz teilnehmen, werden durch alle Etagen und Redaktionsräume geführt, erfahren etwas über die taz-Genossenschaft und lernen die Planungen für den Neubau des neuen Redaktionsgebäudes kennen, das Sie sich bei einem kleinen Spaziergang in die benachbarte südliche Friedrichsstraße auch ansehen können.
Das gemeinsame Mittagessen findet praktischer Weise heute im taz-Café statt, in dem auch die taz-MitarbeiterInnen essen.
Schöneberg: Kunst und Wandel im alten Berliner Westen
Am Nachmittag geht es nach Schöneberg. Taz-Kulturredakteurin Katrin Bettina Müller nimmt Sie mit auf eine Tour durch die Galerien in der Potsdamer Straße, einer sich immer wieder wandelnden Kunstszene.
Die Potsdamer Straße in Berlin Schöneberg ist ein schnelllebiger Ort. Vor fünfzehn Jahren hätte noch niemand geahnt, dass die Kunstszene hier im runtergerockten Westen zwischen Sexkaufhaus und Spielhallen so präsent sein wird mit Galerien. Aber Leerstand und der Umzug einiger Unternehmen nach Mitte, wie vom Tagesspiegelverlag, machten es möglich.
Jetzt sind hier Galeristen wie Friedrich Loock, der zu den ersten freien Galeristen Ostberlins gehörte, aber auch Projekte wie die Camaro-Stiftung, die 1893 für den Verein der Berliner Künstlerinnen gebaute Räume nutzt. Man kann hier Big Player aus der internationalen Kunstszene treffen, wie die Galerie Blain Southern, aber auch feine Initiativen aus dem ehemaligen Westberlin, wie den Kunstbuchladen von Barbara Wien. Und wie an vielen Orten Berlins, bieten die Hinterhöfe ein überraschendes Leben.
Der Abend steht Ihnen ab etwa 18 Uhr zur freien Verfügung.
4. Tag (Samstag)
Der Wedding: ein Arbeiterbezirk erfindet sich neu
Mit einer Tour den Wedding beginnt der Tag. Einst als Arbeiterbezirk - der rote Wedding - bekannt, gibt der Stadtteil heute Kulturschaffenden, Studenten, jungen Familien und Alteingesessenen unterschiedlichster Herkunft und Milieus ein Zuhause. Begleitet werden Sie von Julia Boek, Mitgründerin und Chefredakteurin des Magazins "Der Wedding" und heute Chefin vom Dienst im Berlin-Ressort der taz.
Die Kieztour startet am Gesundbrunnen, einem ehemaligen Kur- und Badeort. Um 1750 entdeckte man hier eine mineralhaltige Quelle, der heilende und jugenderhaltende Eigenschaften nachgesagt wurden. Sogar Königin Luise stattet dem Bad einen Besuch ab.
Weiter geht’s auf der quirligen Badstraße, nach dem Zweiten Weltkrieg eine der bekanntesten Berliner Einkaufsstraßen, in der sich heute türkische und arabische Geschäfte aneinander- reihen. An ihrem Endpunkt liegen die ehemaligen Werkstätten der Berliner Verkehrsbetriebe; heute Treffpunkt für Kunst- und Kultur- schaffende, denn 2010 wurde hier neben Ausstellungsräumen und Ateliers ein neues Areal für zeitgenössischen Tanz geschaffen: die 'Uferhallen'.
Nur eine Ecke weiter haben Architekten und Künstler den einstigen Produktionsstandort des ehemaligen Druckmaschinenherstellers Rotaprint mit seinen denkmalgeschützten Gebäuden zu einem Gewerbehof ExRotaprint entwickelt. Einmalig ist das Nutzungs- konzept des Geländes, auf dem sich gleichermaßen Gewerbe- betriebe, Kulturschaffende und soziale Einrichtungen befinden.
Nach einem kurzen Zwischenstopp auf dem Leopoldplatz, mit Blick auf die von Baumeister Karl Friedrich Schinkel entworfene Nazarethkirche, endet die Tour am Kneipentresen der Morena Bar. Wirt Wolle, Ureinwohner bzw. alteingesessener Weddinger, kennt den Bezirk wie kein anderer und wird - wenn er will - ein paar Anekdoten zum Besten geben. Na dann, Prost!
Von West nach Ost: über die 'Böse Brücke' zum Prenzlauer Berg
Die Straßenbahn bringt Sie dann über den ehemaligen Grenzübergang Bornholmer Straße (hier wurde die Mauer im November 1989 zuerst geöffnet) in den Prenzlauer Berg.
Durch diesen Stadtteil mit der dichtesten Zuwanderung von Westbürgern ins ehemalige Berlin-Ost, der zum Symbol für Gentrifizierung wurde, führt taz-Inlands-Redakteurin Simone Schmollack. Sie ist hier geboren und lebt in diesem Kiez, der nach der Wende enorme Veränderungen durchlebte.
Vor der Wende bedeutete Prenzlauer Berg: Bröckelnde Fassaden, Außenklos, im Winter eingefrorene Wasserrohne und Balkons, die einfach abfielen. Aber auch 15 Euro Miete, heimliche Künstlerateliers unter dem Dach und Kneipen, die mal hier, mal dort für einen Abend öffneten.: ein Eldorado für Dissidenten und Künstler wie Katharina Thalbach, Thomas Brasch, Cornelia Schleime, Harald Hauswald. Sie lebten hier zwischen den Kohlenschleppern, Verkäuferinnen und Rotznasen, die im Hinterhof heimlich rauchten. Hier befand sich ein Mittelpunkt der friedlichen Revolution 1989.
Heute ist alles anders. 80 Prozent der Bevölkerung sind ausgetauscht, jetzt wohnen hier vor allem Westdeutsche, aber auch Franzosen, Briten, Spanier und Russen. Sie haben den Kiez schöner gemacht, aber auch gleichförmiger.
Schluss des Programms gegen 16 Uhr. Im Anschluss besteht die Möglichkeit, noch das taz.lab 2016 zu besuchen (fakultativ, nicht im Programm enthalten)
Umstellungen und Änderungen im Detail sind möglich. Stand: 10. Februar 2016