: Berlin will sparen, Bremen sagt nein
Bremer Senat blockiert Berliner Bundesrats-Initiative, den Ländern Gestaltungsspielraum bei der Beamtenbesoldung zu geben. Mögliches Sparpotential in Bremen: 10 Millionen Euro. Bremische Interessen gibt es offiziell „keine“ in der Frage
taz ■ Die Senatoren und Länderminister in den kleinen, schwachen Bundesländern machen gar keine Politik, sondern verwalten nur, hat Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt gespottet. Er hat sicherlich nicht geahnt, was im Finanzausschuss des Bundesrates in der vergangenen Woche debattiert wurde, sonst hätte er ein schönes aktuelles Beispiel für seinen Vorwurf gehabt.
In dem Ausschuss stand die Frage auf der Tagesordnung, ob Bremen einem „Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften“ zustimmen würde. Hinter der Formel steckt aktuell das Interesse des Landes Berlin, bei der Beamtenbesoldung vom Bundesrecht abweichen zu dürfen. Aufgrund der katastrophalen Haushaltslage will Berlin hier versuchen zu sparen. Bremen hatte vor sieben Jahren dasselbe versucht – „Solidarpakt“ hieß damals das Projekt. Im Interesse der Sanierung sollten MitarbeiterInnen des Öffentlichen Dienstes auf Gehaltszuwächse verzichten.
In Bremen war das Thema damals relativ still zu Grabe getragen worden – als hätte die Senatsverwaltung kein besonderes Interesse an der Reduzierung der eigenen Gehälter gehabt. Als jetzt das Land Berlin für dasselbe Interesse um den Segen der anderen Bundesländer im Bundesrat bat, war die Antwort klar: Die Mehrheit der Länder, darunter auch Bremen, lehnte in der vergangenen Woche das Berliner Begehren ab. In der internen Beratungsvorlage für den Bremer Senat, der sich heute mit der Frage befassen muss, wird derweil ausgerechnet, was die Berliner Spar-Vorschläge in Bremen bringen würden: Jedes Prozent weniger Anpassung an bundesweit geltende Besoldungserhöhungen „spart“ 4,5 Millionen Euro, dazu kommen Einsparungen bei den Versorgungs-Bezügen von 2,9 Millionen Euro. Allein das Wegfallen des Urlaubsgeldes würde pro Jahr 3,3 Millionen Euro sparen.
Ein anderer Vorschlag fand – mit den Bremer Stimmen – die Mehrheit im Bundesrats-Ausschuss: Nichts tun und keinen Gesetzesentwurf einbringen. Der Bundesrat soll stattdessen der Bundesregierung empfehlen, eine Entscheidung im Sinne eines Vorschlages des Beamtenbundes vorzubereiten: Das Urlaubsgeld könnte danach gestrichen werden, das Weihnachtsgeld soll in reduzierter Form „einbezogen“ werden in die Monatsbezüge.
Im internen Papier des Bremer Senats heißt es zur Begründung so gewunden wie aufschlussreich: „Angesichts der diskutierten Kürzungen wäre es im Hinblick auf die Rahmenbedingungen für eine Erörterung von Lösungen günstiger, wenn diese Diskussion in einem ausreichenden Zeitrahmen und außerhalb von Wahlen zu Landesparlamenten stattfinden würden.“ Zu deutsch: Erstens sollen andere den Helden machen, weil Bremen sonst Ärger kriegen könnte. Und zweitens bitte erst nach den Wahlen im Mai!
Dass die Bundesregierung die Initiative ergreifen soll, hat noch einen weiteren Vorteil: „Der Meinungsbildung innerhalb des politischen Spektrums wird nicht vorgegriffen.“ Das bedeutet, wenn die Bundesregierung das tut, was die Länder ihr empfehlen, heißt das noch lange nicht, dass die Länder am Ende zustimmen. Die Frage, ob die Länder auch das Recht bekommen sollen, Besoldungsanpassungen länderspezifisch zu gestalten, wird vorsichtshalber nicht einmal angesprochen – wegen der Gefahr eines Besoldungswettlaufs unter den Ländern.
Die Staatsrätin für Bundesangelegenheiten jedenfalls, die Bremen in dem Ausschuss vertritt, empfiehlt dem Senat ausdrücklich, sich herauszuhalten. Das macht natürlich nur Sinn, wenn bremische Interessen nicht betroffen sind. Daher steht in ihrer Empfehlung unter dem Stichwort: „Spezifisch bremische Interessen“ die knappe Antwort: „keine“. Eine offizielle Erklärung des Bremer Finanzsenators gab es gestern für das Bremer Abstimmungsverhalten im Bundesrat nicht. Begründung: „Das wird morgen erst im Senat beschlossen.“ Klaus Wolschner