piwik no script img

Berlin startet PilotprojektFahrschein fürs Fahrrad

Berlin baut auf Leihräder im Nahverkehr: Ab Herbst kann man mit einem U-Bahn-Ticket 30 Minuten lang kostenlos ein Rad mieten.

Erfreut sich in Berlin größter Beliebtheit: das Velo Bild: AP

Berlin feilt weiter an seinem Profil als Fahrradstadt: Künftig sollen die Leihfahrräder der Deutschen Bahn in das Tarifsystem des öffentlichen Nahverkehrs integriert werden. Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) und Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) kündigten für den Herbst eine Pilotphase an, in der mit einem Ticket für S- und U-Bahn auch die halbstündige kostenlose Nutzung eines Leihfahrrads möglich ist. Verläuft der Test erfolgreich, soll das System auch in anderen deutschen Städten eingeführt werden.

"Der Radverkehr in Berlin ist eine Erfolgsgeschichte", sagte Junge-Reyer bei der Projektvorstellung am Donnerstag auf dem Nationalen Radverkehrskongress im Radialsystem. Seit 1998 hätte sich der Fahrradverkehr in der Stadt "explosionsartig" verdoppelt. Deshalb sei eine bessere Vernetzung mit dem öffentlichen Nahverkehr sinnvoll. "Das Fahrrad ist die Möglichkeit, die erste Meile vom Wohnort zu den Bahnhöfen zu erreichen", so Junge-Reyer. Für die Pilotphase sollen in Mitte 70 Fahrradstationen mit 1.250 Fahrrädern aufgebaut werden. An Servicesäulen könnten die Räder ausgeliehen werden. Wie die Bezahlung der Tickets in der Praxis funktionieren wird, ist unklar. Die Kosten des Projekts von 4,5 Millionen Euro spendieren Bund und Bahn.

Bereits seit 2001 existiert in Berlin das "Call a bike"-System der Deutschen Bahn (DB). 1.650 Leihräder können dabei kreuz und quer im S-Bahn-Ring benutzt und abgestellt werden. Die Mietkosten werden dabei per Handy bezahlt. Mit den neuen Radstationen werde es verlässliche Anlaufpunkte für die Nutzer geben, so der Geschäftsführer der zuständigen DB Rent, Rolf Lübke. Die künftige Nutzung der Räder zusätzlich zu S- oder U-Bahn, Tram oder Bus werde für die meisten Kunden kostenlos bleiben, da mit dem Rad vor allem kurze Strecken zurückgelegt werden, die in einer halben Stunden zu bewältigen seien, so Lübke. Wer länger radelt, muss an den Stationen nachzahlen.

Die Berliner Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs, Sarah Stark, ist "gespannt, wie viele Berliner das Angebot annehmen". Schließlich hätten die meisten Hauptstädter ein eigenes Rad. "Profitieren werden primär Berlinbesucher", so Stark.

Der Fahrradbeauftragte des Senats, Benno Koch, nennt die Initiative "interessant, aber ein Randthema". Die Leihräder würden in Berlin bisher im Durchschnitt nur einmal täglich benutzt. Bei einem ähnlichen System in Paris würden die Räder sechsmal so häufig ausgeliehen. Wenn sich die Bahn mit dem Thema beschäftige, solle sie für die Mitnahme von Fahrrädern im ICE sorgen. "Das ist nämlich unmöglich."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

1 Kommentar

 / 
  • D
    Dirk

    Warum der Herr Koch und die Frau Stark so negativ sind, verstehen die Götter. Ist doch ein toller Versuch, ÖPNV-Nutzung und Fahrrad besser zu koordinieren. Ich kann mir vorstellen, dass es gerade für Leute, die nicht im Zentrum von Berlin wohnen und z.B. mit der S-Bahn in das Zentrum kommen und dort eine flexible Weiterfahrmöglichkeit brauchen, eine sehr attraktive Variante ist. Nicht jedeR kann oder will das eigene Fahrrad ständig mit sich herumschleppen. Und vielleicht steigen ja auch ein paar bisherige Autofahrer auf die Kombi ÖPNV-Fahrrad um. Das wäre doch wunderbar.