Beratung über Roadmap: Klimaziel der EU bedroht
Die EU-Staaten müssen sich bei der Minderung von Treibhausgasen stärker anstrengen, fordert die EU-Kommission. Energie soll gespart werden, etwa im Verkehr.
BERLIN taz | Ohne energische zusätzliche Anstrengungen wird die Europäische Union ihre langfristigen Klimaziele weit verfehlen. Diese Warnung verkündet der oberste Klimaverhandler der EU, Artur Runge-Metzger, in einem Dokument, das der taz vorliegt. Mit der bisherigen Politik, so Runge-Metzger, Direktor bei der Generaldirektion Klima der EU-Kommission, lande die EU im Jahre 2050 nicht wie beschlossen bei einer Reduktion der Kohlendioxid(CO2)-Emissionen um 80 Prozent, sondern nur bei 40.
Diese Prognose ist Grundlage der "Klima-Roadmap", über die die EU-Umweltminister heute in Brüssel beraten. Runge-Metzgers Mitarbeiter haben ihre Vorstellungen formuliert, wie das Minderungsziel zu erreichen ist. Sie sehen folgende Zwischenschritte vor: Reduzierung bis 2020 um 25 Prozent (bisher hat die EU 20 Prozent beschlossen), bis 2030 um 40 und bis 2040 um 60 Prozent.
"80 Prozent innereuropäische Reduktion in 2050 ist machbar", heißt es in der Präsentation "Climate Action", mit der die EU-Kommission bei Mitgliedsländern für mehr Klimaschutz wirbt. Die Reduzierung sei "mit gegenwärtig verfügbaren Technologien" möglich. Dazu brauche es allerdings "preisinduzierte Verhaltensänderungen" und den Beitrag "aller Sektoren" - also höhere Preise für Energie und CO2-Emissionen und die Einbeziehung etwa des Verkehrs und der Landwirtschaft.
Ein Kernstück der Anstrengungen ist für Runge-Metzger das Energiesparen. Doch da hinken die EU-Länder hinterher. Zwar haben sie beschlossen, bis 2020 ihre Effizienz um 20 Prozent zu steigern, aber mit den bisherigen Maßnahmen gelingen nur etwa 10 Prozent. Allein die Umsetzung der 20 Prozent würde die EU ihre Klimaziele für 2020 erreichen lassen, so der Klimaverhandler.
Der Meeresspiegel ist infolge des Klimawandels seit Beginn der Industrialisierung schneller gestiegen als je zuvor in den vergangenen 2.000 Jahren. Das berichtet ein internationales Team um Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK).
Das Team hat anhand fossiler Ablagerungen an der nordamerikanischen Atlantikküste die erste durchgehende Rekonstruktion der Meeresspiegelschwankungen über einen so langen Zeitraum erstellt. Sie ist in den "Proceedings" der US-Akademie der Wissenschaften (PNAS) veröffentlicht.
Europäischer Einfluss auf Klimapolitik schwindet
Im Tauziehen um die europäischen Klimaverpflichtungen werden derzeit auf EU-Ebene mehrere Berichte erwartet - zur Finanzierung, zur Landwirtschaft, zum Verkehr und vor allem zur Frage, ob sich die EU bis 2020 zu mehr als einer 20-prozentigen Reduktion verpflichten sollte, um ein positives Signal an die anderen Länder in den UN-Klimaverhandlungen zu geben. Bisher haben die EU-Staaten insgesamt eine Reduktion von etwa 17 Prozent erreicht.
Ein Bündnis von deutschen Umwelt-NGOs fordert ein solches "klares Signal". Da die EU-Kommission errechnet habe, dass eine 25-prozentige Reduzierung ökonomische Vorteile bringe, sei es "eine Verpflichtung, diese Verbindung von Wohlstand und Klimaschutz unmittelbar in ein ehrgeizigeres, verbindliches Klimaziel zu übersetzen", sagt Hubert Weinzierl, Präsident des Deutschen Naturschutzrings (DNR).
Jürgen Maier vom Forum Umwelt und Entwicklung meint, bei den anstehenden Klimaverhandlungen im südafrikanischen Durban im Dezember müsse die EU andere Staaten von mehr Klimaschutz überzeugen und dazu eigene Anstrengungen unternehmen. "Das ist auch aus Gründen der globalen Klimagerechtigkeit unverzichtbar."
Die EU-Kommission verweist jedoch darauf, dass der Einfluss der Europäer in der internationalen Klimapolitik schwindet. Nachdem auch Kanada, Japan und Russland erklärt haben, sich nicht mehr an die Reduktionsziele im Kioto-Protokoll zu halten, seien von den Verpflichtungen nur noch etwa 15 Prozent der globalen Emissionen betroffen. Andere Länder seien also wichtiger als die EU.
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