: Beliebig herumgeeiert
■ Ohne Witz, ohne Pointe — Die neue Show von »Zwei dicke Eier« im BKA
Alles hat so gut angefangen. Auch die Gäste stehen Schlange, trippeln um Mitternacht unruhig auf den Stufen der Berliner Kabarett-Anstalt (BKA). Am Einlaß staut es sich: Die Showmeister des Abends, Ades Zabel und Achim Staude, wiegen und erwägen ihre Gäste einzeln. Mit Schmunzeln steigt man rauf auf die Waage. Kategorie 50 bis 56 Kilogramm, das macht 13 Mark. Staude feixt, zupft das schwarze Damenkleid zurecht, zwinkert einem Freund zu. Alles ist relaxed, man kennt sich hier.
Am 22. Februar 1991 gastierten die Zwei Dicken Eier zum ersten Mal auf der kleinen Bühne im Foyer des BKA. Zabel und Staude spielen Uschi und Edith, zwei Tunten mittleren Alters, die versuchen, eine Show zu moderieren. Es geht ums Fernsehen, furchtbare Showgäste und notorisch mißratende Pointen. Und natürlich um Edith, die unter dem Gejohle der Gäste rohe Eier wie nichts in sich hineinschlürft. Das war bei der ersten Dicke Eier-Show so, das ist bei der zweiten (nach einer langen Winterpause) genauso. Verändert hat sich eigentlich nur, daß die Nummer auf die große Bühne in das 24-Uhr-Programm verfrachtet — und damit aufgewertet — wurde.
Aber die Zwei Dicken Eier können weder die so gewonnene scheußliche Couchgarnitur noch das Mehr an Platz wirklich ausfüllen. Auch wenn die Inkompetenz von Edith und Uschi Programm ist, die gegenseitigen Beschuldigungen, der mißratende Umgang mit der Technik Methode hat: »Wir sind jetzt sehr seriös geworden«, sagt Uschi. Edith schaut sie irritiert an. Darauf Uschi unwirsch: »Was ist denn? Wieder Kot?« Sie wischt sich Bananenreste von der Lippe ab. Haha!
Sollte wirklich gelacht werden können, dann ist Slapstick der guten alten Schule am Werk. Zum Beispiel wenn Uschi, der männliche Part der Beziehung, die Füße samt Nylonstrumpf und Plüschpantoffel mit Seelenruhe ins Wasserbad stellt. Das Publikum ist hellauf begeistert. Denn schauspielerische Qualitäten haben die beiden allemal. Ades Zabel kneift mit Inbrunst die orangefarbenen Lippen zusammen, lächelt seine Edith (Achim Staude) pflichtbewußt, aber gelangweilt an, rollt dezent die Augen oder faltet die Hände sittsam streng. Zu mehr reicht es allerdings nicht. Der Fernsehshow, die Edith und Uschi inszenieren wollen, schwimmen die Felle weg. Mit Mühe gelingt es den beiden, zwei Publikumsgäste auf die Bühne zu bewegen. Die rollen dann Weichkäse um die Wette, gewinnen sechs Semmelknödel von Maggi, setzen sich wieder auf die vier Buchstaben. Aus, vorbei der Gag. Es soll eine Persiflage sein — und schafft die Komik durch die Unfähigkeit zu gezielter Übertreibung aus der Welt. Nach demselben Muster mißlingt auch der Auftritt des Showgasts David, der sich in all seinem Sex- Appeal auf der Couch räkelt, um Uschi an der Bluse zu fummeln.
Wenn etwas der Komik nicht entbehrt, dann ist es die Showeinlage von Cora Frost und Gert Thumser, die eigentlich um 20 Uhr 30 im BKA zu sehen sind. Ihr Auftritt begeistert das ohnehin begeisterte Publikum, retten konnte Cora Frost den Abend aber nicht. Kein einziger neuer Witz, keine wirklich gute Pointe. Statt einer Idee, eines roten Fadens entspann sich — wenn überhaupt — ein Netz betulicher Nebensächlichkeit. So sparen wir uns das erwartbar dicke Ende. Bevor die Show vorbei ist, verlassen wir das BKA. Zu Cora Frost kommen wir wieder. Mirjam Schaub
»Zwei Dicke Eier«, eine Teufelsbergproduktion, bis auf weiteres freitags um 24 Uhr im BKA, Mehringdamm 32-34, Kreuzberg.
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