: Beleidigt-betr.: Salman Rushdie
Eins muß ich jetzt unbedingt loswerden: Schon seit Jahren fühle ich mich in Herz und Verstand zutiefst beleidigt durch ein Werk, das als Bibel bekannt ist. Alle befreundeten Atheisten und ich sehen unsere innersten Gefühle verletzt durch die dort geäußerten Ideen fehlgeleiteter Geister. Und haben wir vielleicht aufgefordert, das Buch und seine Drucker, Händler, Verleger (Autoren geht ja nicht mehr) zu verbrennen? Na bitte!
Ach so: Man könnte vernünftigerweise dies Buch doch zurückziehen und vom Markt verschwinden lassen, um uns fundamentalen Atheisten nicht die Möglichkeit zu Aufständen, Gemetzel und Morden zu geben.
Na, wenn das so ist, dann verbrennt doch den Koran gleich mit, ich hab ihn zwar nicht gelesen, soll'n aber ganz fürchterliche Dinge drinstehen (haben mir die anderen Atheisten gesagt). Ach, und wenn wir schon dabei sind: Ich fand die letzten Werke von Marquez, Allende und Kundera eigentlich auch eine Beleidigung des guten Geschmacks. Brennt, Scheiterhaufen, brennt. In der taz standen letztens auch Dinge, die haben mir überhaupt nicht gepaßt. Seht Euch vor, RedakteurInnen, die Streichhölzer sind schon gekauft.
Und als Höhepunkt vom ganzen verbrennen wir diesen Leserbrief, der so viele Gefühle verletzt, nicht wahr?
Oh, Leute, laßt Euch bloß nicht verarschen. Kein vorauseilender Gehorsam in Form von Selbstzensur. Wenn die taz nur das druckt, was alle anderen auch bringen, na dann könn‘ wir uns ja gleich die anderen holen.
Dirk, Mülheim a.d.Ruhr
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