■ Bekämpfung durch Aufklärung: Ethikerziehung
Die Meinung, nach der die Kriminalität – und damit auch die Folter – durch Androhung harter Strafen verhindert werden könne, ist weit verbreitet. Natürlich sind Gesetze – und damit Strafandrohung – notwendig. Aber letztendlich sollen sie der Vorbeugung und nicht der Vergeltung dienen. Und es ist mehr als zweifelhaft, ob die Höhe der in Aussicht gestellten Strafe auf die Verbrechensverhütung irgendeinen Einfluß hat.
Zur vorbeugenden Bekämpfung von Folter gibt es eine Reihe viel wichtigerer Möglichkeiten, allen voran die Erziehung zum Respekt vor dem anderen. Sie muß bereits im Kindesalter beginnen, denn in jedem von uns steckt ein potentieller Folterer. Von früh an muß die Ethik Bestandteil des Unterrichts sein. Nur so kann der wichtigste aller Grundsätze vermittelt werden, nach dem letztendlich jeder einzelne für sein Handeln selbst verantwortlich ist. Auch in die Berufsausbildung müssen solche Werte einfließen. Wir können nicht davon ausgehen, daß jeder Mensch von sich aus dazu in der Lage ist, zwischen gut und böse zu unterscheiden. Der Mensch ist vielmehr ein Produkt seiner sozialen Umgebung. Er muß erst lernen, gegenüber seinem Mitmenschen solidarisch zu sein und das Leiden anderer wahrzunehmen. Der Folter läßt sich am besten dadurch vorbeugen, daß jeder einzelne in der Lage ist, sich vorzustellen, welche Schmerzen und Ängste sie auslösen kann.
Vor allem in den Haftanstalten herrscht ein Gruppenzwang, der Umgangsformen ermöglicht, die sonst in der Gesellschaft geächtet sind. Das Wachpersonal muß durch eine gezielte Ausbildung in die Lage versetzt werden, solchem Gruppenzwang zu widerstehen. Da gerade Gesetze oftmals ganz andere Ziele verfolgen, als die Menschenrechte zu schützen, muß der einzelne dazu befähigt werden, auf dem Hintergrund internationaler Menschenrechtskonventionen zu entscheiden.
Beim Kampf gegen die Folter kommt auch den Medien eine wichtige Rolle zu. In unserer modernen Welt verbreiten sich die Nachrichten in Windeseile rund um den Globus. Das ist von großer Bedeutung, denn repressive Regimes, die oftmals all jene Abkommen unterzeichnet haben, gegen die sie nachher verstoßen, fürchten nichts mehr als die internationale Öffentlichkeit. Folter ist bis heute grausame Realität. Wir müssen alles daransetzen, um diese Plage auszurotten. Jørgen L. Thomsen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen