Beilage der taz Panter Stiftung : Reden statt streiten
Auf acht Sonderseiten von #Leave no one behind und der taz Panter Stiftung geht es darum, wie wir trotz anderer Ansichten respektvoll miteinander kommunizieren können.
taz Panter Stiftung | Das Gefühl, dass die gesellschaftliche Polarisierung zunehme, haben viele Menschen – wenngleich es Hinweise darauf gibt, dass die wahrgenommene Spaltung größer ist als die tatsächliche. Dieser schiefe Eindruck wird von jenen Personen und Organisationen befördert, die von Hass und Hetze profitieren.
Unstrittig ist aber ebenfalls, dass ein persönlicher Austausch außerhalb der zunehmend abgeschotteten Blasen, in denen wir uns täglich bewegen, immer seltener wird. Wie lässt sich also heutzutage ein möglichst respektvoller, konstruktiver Dialog mit Menschen führen, die eine andere Meinung als wir selbst haben?
#Leave no one behind haben dafür in Kooperation mit der taz Panter Stiftung (am 20.12.2025) eine achtseitige, von Manuel Fazzini illustrierte Beilage in der wochentaz veröffentlicht, inklusive praktischer Tipps für die Familientreffen an den Feiertagen und darüber hinaus: Wie wir miteinander reden können – ohne uns gleich wieder zu zerstreiten (Spoiler: ohne ein gewisses Verständnis für den Anderen, ohne Empathie für den Gegenüber geht nichts).
Ausgangspunkt ist das Race Class Narrative (RCN), ein Werkzeug der politischen Kommunikationsforschung. Das RCN dreht den Spieß um: „Statt moralisch zu predigen oder in Schnappatmung zu verfallen“, schreiben Janka Schubart und Arthur Martin, werde herausgearbeitet, wie autoritäre Kräfte profitieren, wenn wir uns spalten. Die Formel dagegen sei simpel: „Verbindende Werte betonen, den Spaltungsversuch entlarven und dann Lösungen fordern, die allen nützen.“
Drumherum reflektieren vier Autor:innen über damit zusammenhängende Fragen. Laut der Journalistin Gilda Sahebi vermittelten heutige Debatten etwa den Eindruck, es ginge allein um richtig oder falsch, die Entscheidung zwischen zwei Seiten. Das führe zu einer „affektiven“, also emotionalen Polarisierung (deren wirkmächtigste Formel ist die „Wir gegen sie“,-Erzählung), während es bei vielen grundlegenden Fragen geringere Differenzen gebe als erwartet.
Der Pädagoge, Autor und Aktivist Burak Yılmaz fordert darum auch, dass wir endlich mehr darüber sprechen, was die Menschen wirklich bewegt: faire Löhne, bezahlbare Mieten, ein Leben in Würde.
Die Journalistin und Autorin Alice Hasters betont indes die weitreichenden Folgen, die bei uns im Westen getroffene Entscheidungen weltweit haben. Während wir die ganze Zeit von Freiheit sprechen, werde gleichzeitig eine unmenschliche Politik umgesetzt, die anderswo systematisch Tote zur Folge hat. Hasters schlägt daher vor, „diejenigen, die das Leben anderer missachten“, bei uns „vom Verhandlungstisch auszuschließen“.
Abschließend nimmt sich Max Czollek die deutsche Erinnerungskultur vor: Laut des Publizisten sei das Diktum „Nie wieder“ von einem Anlass für ehrliche Selbstkritik zu einer „Legitimierung diskriminierender Einstellungen“ geworden. Es brauche daher neue Praktiken eines sich selbstkritisch hinterfragenden „Nie wieder ist jetzt“ – von jedem und ab sofort. Das könne die Aufarbeitung der eigenen Familiengeschichte ebenso sein wie ein Widerruf, wenn irgendwer öffentlich völkische Ideologie verbreitet.
Das Ganze stellt sich Czollek in einem spielerischen Setting vor, das dann Anwendung findet, wenn Menschenverachtendes geäußert wird. Wobei jede Kritik an einem Anderen stets mit Selbstkritik verbunden ist. Damit es am Ende, hofft Czollek, doch noch ein „konstruktives Familienfest“ werde.