: Beide Seiten verantwortlich
betr.: „Lynchmord und Gegenangriff“, taz vom 13. 10. 00
Die Ereignisse in Israel und den palästinensischen Gebieten überschlagen sich, und für die Eskalation der Gewalt tragen beide Seiten Verantwortung. Eine Chance für das Zusammenleben im Frieden zwischen beiden Völkern ist nur dann gegeben, wenn beide Seiten den jeweils anderen respektieren und anerkennen. Konflikte untereinander müssen mit den für Staatswesen verträglichen Mitteln ausgetragen werden.
Unmut und Unzufriedenheit dürfen sich nicht zuerst mit Steinewerfen ausdrücken. Gewalt muss abgelehnt werden, egal von welcher Seite sie ausgeübt wird. Für das Lynchen von Menschen gibt es keine Erklärung, auch wenn Susanne Knaul dies versucht, indem sie dies mit dem vermuteten Mord an einem Palästinenser in Zusammenhang bringt. [...] Die Wertung, dass Arafat Unterstützung der arabischen Staaten erhalten hat, dass sie bereit sind, ihm militärisch zur Seite zu stehen, erschüttert mich zutiefst. Scheinbar entwickelt sich nicht nur der Nahe Osten zurzeit rückwärts, sondern auch einige Beobachter.
Das Verhalten von Israelis und Palästinensern muss untersucht und ein umfassender Bericht erstellt werden, welche Fehler beide Seiten gemacht haben. Die Freilassung von inhaftierten und abgeurteilten Terroristen zeigt, wie wenig die Judikative und Exekutive der Autonomiebehörden voneinander getrennt sind und wie weit sie von annähernd demokratischen Zuständen entfernt sind (Einschränkung in der Berichterstattung, etc.). Arafat, der den palästinensischen Staat im September ausrufen wollte, hatte davon Abstand genommen, da die Amerikaner damit gedroht haben, dass die finanzielle Unterstützung für die Autonomiebehörden eingestellt wird. Politisch gesehen kann er durchaus ein Interesse an den Ausschreitungen haben, um seinem Ziel, der Ausrufung eines palästinensischen Staates in naher Zukunft, näher zu kommen. Vielleicht wäre es ein erster Schritt, wenn beide Seiten anerkennen, dass sie sowohl Täter als auch Opfer sind.
PETRA TEILHABER, Frankfurt/Main
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