Berliner Stummfilm-Legende : Bei „Berlin. Die Sinfonie einer Großstadt“ am Flügel zu erleben: Willy Sommerfeld
In der schwarzweißen, flackernden Frühphase der bewegten Bilder gaben die Schauspieler keinen Laut von sich – selbst wenn sie sich anschrien: Ihre Dialoge erschienen auf eingeblendeten Texttafeln, der Tonfilm war noch nicht erfunden. Wer sich jemals einen Stummfilm in Original angesehen hat, weiß von der völlig veränderten Rezeption, die das mit sich bringt: Man achtet mehr auf die Bilder und setzt sich im eigenen Kopf die Tonspur zusammen. So, als liest man ein Buch und erfindet sich dazu die Bilder. Doch in den Sälen aus der Anfangszeit der Kinematografie herrschte damals keineswegs völlige Stille. In den Zwanzigerjahren war es üblich, dass die Lichtspielhäuser einen Stummfilmpianisten engagierten, der die Atmosphäre des Films quasi in Musik „übersetzte“ – häufig geschah das ohne Notenblätter und in freien Improvisationen. Der letzte noch lebende Berliner Vertreter dieses ausgestorbenen Berufsstandes ist der heute 100-jährige Willy Sommerfeld, der in den Zwanzigerjahren mit seiner Klavierbegleitung im Kino am Wittenbergplatz sein Musikstudium finanzierte. Das Kino Arsenal zeigt am Samstag Walter Ruttmanns „Berlin. Die Sinfonie einer Großstadt“ von 1927. Am Flügel, wie schon vor rund 80 Jahren: Willy Sommerfeld.