KÜNASTS BEAMTE VERSPIELEN DIE GLAUBWÜRDIGKEIT DER MINISTERIN : Befangene Zeugen
Reissorten, die auch auf trockenen Böden gedeihen; Mais, der resistent gegen Schädlinge ist; Bier, das nicht dick macht – die Welt der grünen Gentechnik kann ziemlich verlockend klingen. Der Eingriff ins Erbgut, seine Folgen für Gesundheit oder Artenvielfalt – diese Welt kann aber auch erschreckend gefährlich erscheinen. Sicher ist derzeit nur eines: Es gibt kaum ein anderes Thema, bei dem die Verbraucher so auf unabhängige Experteneinschätzungen angewiesen sind wie bei der grünen Gentechnik. Einerseits ist die Materie kompliziert, komplex und kontrastreich. Andererseits geht es um Technikfolgenabschätzung, technologischen Fortschritt und einen Markt, der riesig ist.
Deshalb brauchen die Verbraucher Orientierungshilfen von unabhängigen, überparteilichen, glaubwürdigen Experten. Die jetzt bekannt gewordenen Verbindungen zwischen deutschen Spitzenbeamten und internationaler Gentechnik-Industrie sind ein Schlag gegen die Glaubwürdigkeit. Sie sind vor allem deshalb schwer wiegend, weil die Experten neben Rat zu geben auch Entscheidungen zu treffen haben – unabhängig, überparteilich, dem Gemeinwohl verpflichtet.
Jedem Gericht obliegt die Pflicht, Zeugen – sowohl der Anklage als auch der Verteidigung – auf Befangenheit zu prüfen. In jedem ordentlichen Verfahren bleiben befangene Zeugen ungehört. Diese Arbeit muss Renate Künast jetzt leisten. Sie muss die Vorwürfe zweifelsfrei ausräumen. Bislang hat sie allenfalls ihren Zeigefinger gehoben – und nicht zu scharf reagiert, wie die Union und die Forschungsgemeinschaft ihr vorwerfen, sondern zu lasch.
Gerade weil die Verbraucher der grünen Verbraucherministerin nach wie vor ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit bescheinigen, ist es für die Politikerin Renate Künast lebenswichtig, sich auf Glaubwürdigkeit auch in ihrem Beamtenapparat stützen zu können. Und gerade weil die Verbraucher kritisch gegenüber der grünen Gentechnik eingestellt sind, muss ein reinigendes Gewitter auch im Interesse der Befürworter liegen: Alles andere erhöht nur die Skepsis. NICK REIMER