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Beate Schederschaut sich in Berlins Galerien um

Noch gut in Erinnerung – auch olfaktorisch – habe ich Kapwani Kiwangas Installation bei der diesjährigen Art Basel. Dort hatte die kanadische Künstlerin einen riesigen Triumphbogen aus langsam vertrocknendem Eukalyptus errichtet, Reminiszenz an das Blumenarrangement zur Feier der Unabhängigkeit Ruandas im Jahr 1962 und Metapher für deren Fragilität im Prozess der Dekolonialisierung. Auch in ihrer aktuellen Ausstellung bei Tanja Wagner beschäftigt sich Kiwanga mit in Architekturen eingeschriebenen historischen Narrativen. So etwa der Fall bei ihrem Jalousien-Paravent aus Lattenfenstern, halbtransparentes wie halbverspiegeltes – Spionspiegel! – Sinnbild für Privatheit und Überwachung und den diesen zugrundeliegenden Machtverhältnissen. Je nachdem, von wo aus man durch den Raumteiler schaut, lässt er die Blicke durch oder wirft sie auf die Schauenden zurück (bis 25. 1., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Pohlstr. 64).

Tänzelnde Pferdebeine dominieren die Bilder, die Katharina Schilling in die schmalen Räume von Stadium gehängt hat. Ballettähnliche Posen und neckische Hufspielereien hat die Malerin in abgedämpften Tönen comichaft auf die Leinwand gebracht. Noch schöner, weil hintersinniger wirken diese, nimmt man dazu Miriam Stoneys Text zur Ausstellung zur Hand, in dem diese den Bogen von der unschuldig-sexuell aufgeladenen Beziehung zwischen jungen Frauen und stolzen Rössern über die alltäglichen Frustrationen internetbasierter Kommunikation zu Audre Lordes Essay „The Uses of the Erotic: The Erotic as Power“ über die politische Kraft weiblicher Erotik spinnt (bis 18. 1., Sa. 12–18 Uhr und nach Vereinbarung unter mail@stadiumstadium.de, Potsdamer Str. 70).

Zunächst irritierend ist der Besuch von Agnes Scherers Ausstellung bei Philipp Haverkampf. Zu sehen gibt es nämlich nur etwas, wenn man durch kleine Löcher in der parasitären Ausstellungsarchitektur späht, die Scherer quer durch die Räume der Galerie gebaut hat. Hinter Papierwänden verborgen hängen nämlich die malerischen Abhandlungen der Künstlerin zu den Potenzialen und Gefahren, die der Fähigkeit zur Selbstverbiegung innewohnen. Emblematisch erscheinen dabei die beiden Protagonist*innen, Virginia Woolfs Orlando sowie Marie Tussaud, an denen sich Scherer abarbeitet. Ebenso aber auch ihre eigene Position als Künstlerin auf dem Kunstmarkt: Im letzten Raum stehen sie sich und einem als überlebensgroße Figuren gegenüber, Scherer und Haverkampf, über das Modell der Ausstellungsräume gebeugt (bis 5. 1., Mi.–Fr. 11–18 Uhr, Sa. 11–16 Uhr, Mommsenstr. 67).

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