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Beate Schederschaut sich in Berlins Galerien um

Seit 2009 bereits beschäftigt sich Iris ­Häussler mit dem Nachlass der Malerin Sophie la Rosière, die 1867 als Tochter eines französischen Fabrikanten außerhalb von Paris geboren wurde. Bis zu ihrem Tod 1948 hatte la Rosière eine Vielzahl an Gemälden angefertigt, während des 1. Weltkrieges aus finanziellen Engpässen oftmals auf Schranktüren und anderen Möbelteilen, deren sinnliche mit Blütenblättern, Blut und Mineralien gemalte, erotisch anspielungsreiche Sujets sie schließlich mit schwarzem Wachs überdeckte. Häussler nutzte Röntgentechniken um sie wieder sichtbar zu machen. Bei PSM hängen Gemälde und Scans nebeneinander. Das Interessante an der Geschichte: Sie ist nicht wahr. La Rosière hat es nie gegeben, Häussler hat sich die Künstlerin nur ausgedacht, eine fiktionale Biografie, in der sie Kunst- und Sozialgeschichte, Psychoanalyse und den spekulativen Umgang mit den Spuren der Vergangenheit ineinander verschränkt (bis 6. 11., Di.–Sa. 12–18 Uhr, Schöneberger Ufer 61).

Tatsächliche Erinnerungen an ihre Kindheit im afroamerikanischen Chicago sind der Ausgangspunkt von Diamond Stingilys Ausstellung einen Stock tiefer bei Isabella Bortolozzi. Im ersten Raum sitzen und liegen Stingilys schwarze, gesichtslose Stoffpuppen in den hölzernen Einbauschränken, als habe sie dort jemand vergessen. In ihrer Form sind sie deutlich sichtbar an die der Amish-People angelehnt. Sie frage sich, was geschehen wäre, wenn sich die Schwarzen nach dem Bürgerkrieg so vom Rest der US-amerikanischen Gesellschaft separiert hätten wie die Amish, hat Stingily in einem Interview mit der Autorin Francesca Gavin einmal gesagt. Von eingeschränkter Selbstbestimmtheit, Gewalt, Rassismus und Misogynie scheinen auch die langen Stahlketten zu erzählen, die mit eingeflochtenem synthetischem Haar von den Wänden hängen und einen insbesondere beim Durchschreiten des schmalen Flurs erschauern lassen (bis 9. 11., Di.–Sa. 12–18 Uhr, Schöneberger Ufer 61).

Eher ungewöhnlich ist es, in der Future Gallery Malerei zu sehen. Die Leinwände von Dustin Pevey passen jedoch gut in das Programm der Galerie, die sonst eher Kunst präsentiert, die neueste Technologien nutzt und / oder die Bedingungen unseres digitalen Lebensstils auseinandernimmt: Die Motive, in die Pevey zum Teil Werke anderer Maler*innen verpuzzelt, entstehen komplett am Rechner. Mit Elementen aus Styropor, Emaille, Holz oder Sand bricht der Künstler die Formen im Prozess dann immer wieder auf, fast so, als benutze er noch immer ein Bildbearbeitungsprogramm (bis 16. 11., Mi.–Sa. 13–18 Uhr, Schöneberger Ufer 59).

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