Beamter verklagt Arbeitgeber: Gleichstellung in Heidelberg hakt
Ein weiterer homosexueller Beamter in Heidelberg verklagt seine Stadt. Doch die Erfolgsaussichten sind gering.
STUTTGART taz Wolfgang Krauth will eine Ungerechtigkeit beseitigen, wie er sagt. Er ist Beamter der Stadt Heidelberg im Amt für Soziales und Senioren, SPD-Gemeinderat, lebt seit August 2001 mit seinem Partner in eingetragener Lebenspartnerschaft und verklagt seinen Arbeitgeber vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe auf Zahlung von Ehegattenzuschlag. Die Stadt hatte die Zahlung 2004 abgelehnt. Nach der mündlichen Verhandlung gestern gibt der 46-Jährige sich eher pessimistisch. Das Urteil in zwei Wochen werde nach Einschätzung seiner Anwältin Maria Sabine Augstein vermutlich negativ ausfallen.
Krauth hatte seine Klage bereits vor dem Heidelberger Bürgermeister Wolfgang Erichson (Bündnis 90/Die Grünen) eingereicht, der die Stadt ebenfalls auf Zahlung des Ehegattenzuschlags für seinen Lebenspartner verklagt (taz berichtete). Beide betonen, es geht ihnen nicht um die rund 100 Euro mehr im Monat, sondern um eine Gleichbehandlung. "Ich will das geklärt wissen. Das ist eine Ungerechtigkeit", sagte Krauth gestern nach der Verhandlung.
Die Rechtslage ist derzeit äußerst verworren. Die Stadt Heidelberg beruft sich auf das Beamtengesetz von Baden-Württemberg, das keine Gleichbehandlung mit Ehepartnern vorsieht. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hatte 2008 hingegen entschieden, dass die ungleiche Behandlung von homo- und heterosexuellen Paaren gegen die EU-Richtlinien zum Schutz vor Diskriminierung verstoßen kann. Das Verwaltungsgericht München hat daraufhin dem Kläger Tadao Maruko vor dem EuGH Hinterbliebenenrente zugestanden. Ebenso entschied das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein vergangenes Jahr, dass das Bundesland einem Beamten Ehegattenzuschlag zahlen muss. Ähnlich urteilte das Bundesarbeitsgericht: Homosexuelle Lebenspartnerschaften bei Angestellten seien bei der Hinterbliebenenversorgung der Ehe gleichzustellen.
Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht - trotz EuGH-Urteil - die Klage eines homosexuellen Beamten aus Düsseldorf auf Ehegattenzuschlag abgelehnt, weil es keinen Unterhaltsbedarf sieht. Dem BVG ging es also um die Bedürftigkeit des Partners. Auch homosexuelle Partner erhalten Ehegattenzuschlag, falls der Gatte weniger als 600 Euro verdient. Die Argumentation der beiden Heidelberger: Heterosexuelle Paare bekommen den Zuschlag immer, egal ob es Kinder gibt oder Bedürftigkeit besteht. Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, das Saarland und Schleswig-Holstein haben ihre Gesetze geändert und zahlen den Zuschlag. Rheinland-Pfalz will Mitte des Jahres ebenfalls nachziehen.
Krauth kündigte an, in Berufung zu gehen, sollte das Gericht ihm nicht Recht geben. Ihm gehe es um die völlige Gleichberechtigung von kinderloser Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft, sagt er. Beim Bundesverfassungsgericht sind nach Angaben des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland derzeit zudem acht Verfassungsbeschwerden zur Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften anhängig. Ob sie angenommen werden, ist noch unklar. INGO ARZT
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