Bayerns SPD-Spitzenkandidat Franz Maget: Der nette Mann am Hebelchen

Spitzenkandidat Franz Maget kämpft gegen den Fluch der bayerischen SPD: vor 51 Jahren waren sie zum letzten Mal an der Macht. Hat er das Zeug zum Umsturz?

Boxen und Lächeln gleichzeitig - ob das reicht? Bayern-SPD-Chef Franz Maget. Bild: dpa

MÜNCHEN taz "So kann ich doch kein Schiff steuern", meint Franz Maget und sucht nach etwas zum Festhalten. Er steht eingekeilt zwischen Fotografen auf der engen Brücke der MS Augsburg. Der Spitzenkandidat der bayerischen SPD hat zur Rundfahrt auf dem Ammersee eingeladen. Die Fotografen würden gerne Bilder mitnehmen, die Maget als entschlossenen Lenker zeigen, als den Mann am Ruder. Aber moderne Schiffe haben kein großes Steuerrad, sondern nur kleine Hebel.

So schießen die Fotografen Bilder, die einen freundlich lächelnden Kandidaten zeigen, der sich an einem kleinen Hebel festhält - und keinen mächtigen Lenker. Kaum ein Politiker produziert so viele drollige Bilder wie Franz Maget. Ob als Teufel verkleidet im fränkischen Fasching oder im Obama-T-Shirt in Siegerpose vor dem Weißen Haus: Stets sieht er freundlich aus, bescheiden und absolut gutmütig.

Wo anders wäre das vielleicht ein Vorteil. Aber hier in Bayern mussten erfolgreiche Politiker bisher auch immer derb sein und ein bisschen größenwahnsinnig. Das hat die CSU so perfekt verinnerlicht, dass seit nun fast 51 Jahren kein SPDler mehr in Bayern regiert hat. Das ist der Fluch, gegen den Maget ankämpft.

Der Kandidat sitzt in seinem Fraktionschef-Büro im bayerischen Landtag. An der Wand hängt ein Portrait von Willy Brandt. Der sei der Grund gewesen, warum er in die Politik ging, erzählt Maget. 1953 geboren wuchs er als Sohn eines Schneiders im Münchner Arbeiterviertel Milbertshofen auf. Mit 13 nahm ihn sein Vater zu einer Kundgebung mit Willy Brand mit, der junge Franz war begeistert und wurde mit 17 SPD- Mitglied. Mit 36 kam er in den Landtag. 2003 wurde er Spitzenkandidat der SPD bei der Landtagswahl.

"Damals haben wir die schlechtesten Rahmenbedingungen vorgefunden, die es jemals gab", sagt Maget. Die CSU profitierte von der Unzufriedenheit der Bürger mit der rot-grünen Bundesregierung, die SPD war über die Agenda 2010 tief zerstritten. Maget kämpfte wie besessen, aber hatte keine Chance: "Ich bin mir vorgekommen wie ein Ladenbesitzer, bei dem die Verkäufer vor der Tür stehen und den Kunden erklären, was da für Mist verkauft wird." Die Niederlage wurde noch bitterer als erwartet. Die SPD fiel unter 20 Prozent. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse sei die SPD-Fraktion anfangs resigniert gewesen, erzählt Maget. "Aber das ist Vergangenheit. Mir ist es im vergangenen Jahr gelungen, die Entschlossenheit zurückzubringen." Und die absolute Mehrheit der CSU wackelt.

Hinter Magets Schreibtisch hängt ein altes Plakat von Wilhelm Hoegner. Das war der letzte SPD-Ministerpräsident in Bayern. Er regierte mit einer bunten Koalition aus vier Parteien gegen die CSU. Ob Maget das auch vorhat? "Wenn die CSU zumindest die Macht teilen muss, wäre das schon ein demokratischer Fortschritt", sagt er. "Wenn sich so eine Alternative zur CSU anbietet, warum denn nicht?"

Vor den Fenstern des Ausflugschiffs zieht die spätsommerliche Ammersee-Idylle vorbei. Maget hat das Mikrofon genommen und erzählt von einer Umfrage unter mittelständischen Unternehmern. Er ruft: "Nur 22 Prozent sind für eine Fortsetzung der CSU-Alleinherrschaft." Die SPDler jubeln. Dass die Umfragen unter der Bevölkerung die SPD weiter bei mauen 20 Prozent sehen, sagt Maget nicht. Wer die CSU satt hat, wählt nicht SPD. Das ist sein Problem.

Am späten Nachmittag landet das Schiff in Herrsching. Die örtliche SPD hat einen Infostand aufgebaut: ein Sonnenschirm, ein Tischchen, ein Landtagskandidat. Maget blickt auf den mickrigen Stand und fragt die Genossen: "Haben wir Broschüren? Ich geh in den Biergarten."

Der Spitzenkandidat geht die Reihen ab, schüttelt jedem Gast die Hand, gibt jedem einen Prospekt. "Ich muss mich entschuldigen", sagt ein Mann, "aber mein Sohn ist daheim Chef bei der Jungen Union". Und Maget fragt nur, wie der Sohn heißt, und schreibt ihm eine Widmung auf die Wahlbroschüre.

Vor fünf Jahren kannten ihn viele Bayern nicht mal. An diesem Nachmittag wollen die Menschen Autogramme von Maget, sie wünschen ihm Glück. Und der Kandidat lächelt zufrieden und meint: "Da kann man die Wechselstimmung richtig spüren".

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