Bayern München gegen "Süddeutsche Zeitung": Maulkorb für Ribéry
Im Interview darf Star-Fußballer Franck Ribéry alles sagen. Nur gedruckt wird es nicht unbedingt - wenn es nach dem Willen von FC Bayern geht. Und wenn die "Süddeutsche Zeitung" es doch tut?
Gelegentlich läuft beim FC Bayern München ein Fass über. Der Mediendirektor, der eine Position bekleidet, die bei weltlichen Fußballvereinen für gewöhnlich Pressesprecher heißt, sagt dann im Rückblick zum Beispiel: "Da ist ein Fass übergelaufen." Fässer laufen etwa dann über, wenn, wie im Winter, Torhüter Oliver Kahn vorübergehend suspendiert wird und Medien dann ungebührlich darüber berichten. Ungebührlich ist, wenn es dem FC Bayern nicht passt.
Es wurde also eine Beschlussvorlage erstellt, in der beschlussvorgelegt wurde, dass der Verein in Zukunft nur mit einem Pool von maximal 20 Redaktionen enger zusammenarbeiten wolle, was im Umkehrschluss bedeutet, dass der Verein mit den anderen nicht mehr enger zusammenarbeiten wolle. Die White-House-Medienpolitik. Der FC Bayern ist ja schließlich nicht irgendwer.
Ein anderes Fass lief über, als in der vergangenen Saison eine Münchner Boulevardzeitung veröffentlichte, wie viel ein neuer Spieler kosten sollte - nicht allerdings, ohne den Preis vorher noch ein wenig nach oben zu korrigieren. Da geschah es, dass Bayern Münchens Manager Uli Hoeneß durch die Journalistentür ins ungefähr fußballtorgroße Pressekabuff an der Säbener Straße platzte, in dem sich die Journalisten gegenseitig auf den Füßen stehen, und diesen erklärte, dass ihm diese Art von Berichterstattung allmählich auf den, tatsächlich, Sack gehe.
Uli Hoeneß hatte kritisiert, was wirklich mitunter traurig ist - wenn es um den FC Bayern geht, ist jede Nachricht, und sei sie auch falsch, eine gute Nachricht, denn FC-Bayern-Nachrichten kann man gut verkaufen. "Ich kann den FC Bayern in gewisser Weise verstehen", sagt Ludger Schulze, einer der Leiter des Sportressorts der Süddeutschen Zeitung: "Die Klubs werden heute überflutet mit Gerüchten."
Doch dann, am Freitag, hatte Schulzes Verständnis ein Ende: Denn da wollte die Süddeutsche Zeitung ein Interview mit Bayerns Spieler Franck Ribéry abdrucken. Es war, wie so oft, wenn die Süddeutsche Zeitung ein Interview mit einem wichtigen Bayernspieler abdruckt, prominent platziert. Pfingstausgabe. Erste Seite des Sportteils.
Der FC Bayern aber ist vor einigen Wochen aus dem Uefa-Cup-Wettbewerb ausgeschieden, er unterlag als Favorit dem Gegner aus St. Petersburg 0:4. Und Ribéry sprach, das wurme ihn noch: St. Petersburg, sagte er schon in der Überschrift, "steckt mir immer noch im Hals". Und forderte schließlich sinngemäß und noch etwas konkretisiert, was er im Interview mit der Redaktion von www.spox.com schon zwei Tage vorher gefordert hatte. Zentrale Aussage: "Ich hoffe, dass die Verantwortlichen neue Spieler verpflichten werden." Nur stand das nicht im Interview.
"Im offiziellen Interview wollte der Vorstand des FC Bayern diese klaren Äußerungen nicht lesen", schrieb die SZ in einem kleinen Sondertext und teilte darin auch mit, dass Ribéry die Verpflichtung eines offensiven und eines defensiven sowie eines Verteidigers gefordert hatte. Kurz vor Redaktionsschluss - selbstverständlich genau dann, denn da kann eine Redaktion nicht mehr reagieren - hatte die Presseabteilung, angeblich auf Geheiß von Vorstandchef Rummenigge, diese "zentralen Passagen gestrichen", wie Schulze sagt.
Ein kleiner Streit um ein Interview, der aber auf mehr hindeutet - die Kanalisierung des Informationsflusses zugunsten dessen, über den eigentlich informiert werden soll. Gang und gäbe im Journalismus, in der Politik und mittlerweile auch im Sport. "Ich sehe mich nicht als verlängerte PR-Abteilung des Klubs", sagt Schulze - und berichtet von der Drohung des Vereins, in Zukunft keine Interviews mehr zu geben; von der "Pistole auf der Brust". Schulze glaubt, das werde sich wieder einrenken. Und doch hat der FC Bayern München prominent, wie er ist, auf echten Quark hingewiesen: den allgegenwärtigen Versuch, Journalisten zu steuern.
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