Bayern-Gegner in der Champions League: Ein Duell der absoluten Gegensätze
Bayern München trifft am Dienstag auf einen geläuterten SSC Neapel, der gerade gegen Spitzenklubs groß auftrumpft. In Italien gilt die Mannschaft als spielstärkstes Team.
NEAPEL taz | Neapel ist heißblütig. Mit einem großen Feuerwerk und einer ohrenbetäubenden Geräuschkulisse feierte der Klub am 2. Spieltag der Champions League die lange entbehrte Rückkehr in die Königsklasse des Fußballs. Beim Spiel gegen den FC Villareal wurde erst ein Feuerwerk in den italienischen Nationalfarben gezündet. Dann wurden die Gegner vom Anpfiff weg bei jeder Ballberührung markerschütternd ausgepfiffen.
Dem FC Villareal, im Vorjahr noch Endstation der Neapolitaner in der Europa League, ging jede Courage verloren. Der Heimverein landete einen klaren 2:0-Erfolg und hat sich - auch angesichts des 1:1 beim Premier-League-Spitzenreiter Manchester City - vom Außenseiter in der Hammergruppe A zum Geheimtipp gewandelt.
"Unser fantastisches Publikum ist ein Garant für unseren Erfolg", erklärte Mittelfeldspieler Gökhan Inler und forderte auf seiner Website mit dem Kampfesgruß "Forza Napoli" die Fans zu weiterer laut- und rauchstarker Unterstützung auf. Die Bayern brauchen also gute Nerven. Und sie sollten nicht den Fehler begehen, in der Meisterschaftsniederlage am Samstag gegen Parma (1:2) ein großes Zeichen der Schwäche zu sehen. Denn Napoli ist in diesem Jahr am Jekyll-Hyde-Virus erkrankt.
"Wir sind schwach bei den Kleinen und stark bei den Großen", konstatierte die Lokalzeitung Il Mattino. Zwei Niederlagen gegen Parma und Chievo Verona stehen Siege gegen den AC Milan, Inter Mailand und Villareal gegenüber. Einzig bei der 0:5- Klatsche im Vorbereitungsspiel gegen den FC Barcelona sah Napoli schlecht gegen einen ganz Großen aus. "Da haben wir unsere Grenzen aufgezeigt bekommen. Wir wissen jetzt besser, wie wir in großen Arenen auftreten müssen", wies Trainer Walter Mazzarri auf Lerneffekte hin.
"Blitzschnelles Umkehrspiel"
Mazzarri selbst ist an den Ausrutschern nicht unschuldig. Italienische Medien kritisierten, dass er die Doppelbelastung aus Meisterschaft und internationalem Fußball nicht richtig zu dosieren weiß. Gegen Chievo ließ er viele seiner Stars pausieren. Prompt kam der zweite Anzug in Schwierigkeiten. Gegen Parma wählte Mazzarri die entgegengesetzte Option. Und wieder setzte es eine Niederlage.
"Napoli zeichnet sich durch seine Reaktivität und das blitzschnelle Umkehrspiel aus", analysierte der Alt-Internationale Dino Zoff, der selbst auch einst in Neapel spielte. Fehlt die Power, dann läuft sich der Motor fest. Das von Leidenschaft und Temperament getriebene Napoli ist der komplette Gegensatz zum FC Cool aus München, der auch an schlechteren Tagen ein Ergebnis verwalten kann. Trotzdem: Napoli ist ein Spitzenteam. "Es ist derzeit die spielstärkste italienische Mannschaft", urteilt die Gazzetta dello Sport.
Und auch die Neapolitaner glauben wieder an ihren Verein. Sah man vor wenigen Jahren noch allenfalls ein paar mittelalte Männer mit Maradona-Trikots durch die Straßen gehen, so haben den Argentinier an den Merchandising-Ständen die aktuellen Stars übertroffen. "Jetzt machen wir auch mit Trikots von Cavani, Lavezzi, Hamsik und Inler gute Umsätze", meint ein Verkäufer auf der Piazza Dante.
Dieses Quartett prägt auch das Spiel des SSC Neapel. Vorn spielen Lavezzi, Hamsik und Cavani (fast) jede Abwehr schwindlig. Im defensiven Mittelfeld sorgt der Schweizer Inler für Ordnung. "Hätten wir ihn schon im Vorjahr gehabt, hätten wir um die Meisterschaft spielen können", ist Francesco Molaro, Betreiber des nach eigenen Angaben meistbesuchten Internetportals zum SSC Napoli, www.tuttonapoli.net, überzeugt.
Mit Inler soll es nach dem Willen von Klubbesitzer Aurelio de Laurentiis nun sogar der Champions-League-Sieg sein. Der Mann ist nicht zu unterschätzen. Als Filmproduzent verdient er mit Fiktionen Geld. Aus dem einstigen Bankrottverein machte er einen soliden Klub, zu dessen Spielen sogar Antimafiastaatsanwälte kommen. Das ist eine Kulturrevolution.
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