Bayer darf Pestizid weiter verkaufen: Bienen-Killer zurück auf dem Acker
Die Firma Bayer muss badischen Imkern Schadenersatz zahlen, weil ein Pestizid Millionen Bienen vergiftet hat. Der Bund lässt das Mittel jedoch weiter zu.
BERLIN taz Das Agrargift, das den Tod von Millionen Bienen am Oberrhein verursacht hatte, darf weiterhin genutzt werden. Sechs Wochen nach einem Zulassungsstopp hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Landwirtschaft (BVL) vier Pestizide der Chemiekonzerne Bayer und Syngenta, die Clothianidin oder einen ähnlichen Wirkstoff enthalten, zur Behandlung von Raps-Saaten wieder erlaubt. Nach Untersuchungen des Julius-Kühn-Instituts in Braunschweig stehen diese Wirkstoffe als Verursacher des Bienensterbens eindeutig fest.
Die Behörde begründet ihren Schritt damit, dass beim Säen verhindert werden könne, dass Partikel in die Umgebung gelangen. Eine Auflage soll der Industrie künftig vorschreiben, die Gifte mit einem zusätzlichen Haftmittel ans Rapskorn zu binden. Das BVL folgt damit der Argumentation von Bayer, wonach der Fehler nicht im Stoff gelegen habe, sondern bei den Anwendern. Über die Wiederzulassung weiterer Mittel, darunter Poncho Pro von Bayer, sowie über die Zulässigkeit der Chemikalien auch für Mais-Saaten soll erst später entschieden werden.
Umweltverbände kritisierten die Entscheidung: "Eine Bundesbehörde darf vor dem massiven Lobbydruck der Herstellerfirma nicht einknicken", sagte Leif Miller, Geschäftsführer des Naturschutzbundes (Nabu). Er befürchtet neue Schäden für Bienenvölker. "Wenn nun das Gift wieder ausgebracht werden darf, dürft das nächste Massensterben ur eine Frage der Zeit sein." Die Schäden an den Honigbienen seien noch nicht verheilt, keiner kenne die Zahl der vergifteten Wildinsekten und auch über die Langzeitfolgen des Nervengifts Clothianidin wisse man wenig.
Unterdessen hat Bayer sein Schadenersatz-Angebot konkretisiert: Die 700 betroffenen Imker sollen insgesamt zwei Millionen Euro erhalten. Das ist dem Badischen Imkerverband "zu wenig" - er will das Angebot darum nicht annehmen. Die zwei Millionen Euro ersetzten annährend die ausgefallene Honigproduktion, nicht aber die Folgekosten des Bienensterbens, sagte der stellvertretende Vorsitzende Manfred Raff. Zwar habe Bayer sich bei den Imkern entschuldigt, das Angebot sei aber nicht ausreichend. "Es muss dringend überarbeitet werden." In knapp 11.500 Bienenvölkern habe es bis zu 80 Prozent Verluste gegeben.
Die Wiederzulassung der Pestizide sieht Raff extrem kritisch. "Schon kleinste Mengen der hochtoxischen Mittel töten die Völker." Für die Imker hat er darum nur eine Empfehlung: Weit weg mit den Bienen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers