■ Bauprogramm Außenministerium: Kein Pardon
Der schwäbelnde Außenminister Klaus Kinkel (FDP) ist ein unverbesserlicher Saurier überzogener Bonner Umzugsansprüche. Geht es ums Geld anderer und gegen die Vernunft aller, kennt er kein Pardon. Kaum von Kohl in seinem Amt bestätigt, tönt er im Kommandoton wieder den alten Marsch zum Sturm auf die Berliner Stadtentwicklung. Im Unterschied zu allen anderen vom Rhein an die Spree wechselnden Ministerien, die in Altbauten unterkommen müssen, hat Kinkel stets drohend auf eine monströse Luxusherberge am „Schloßlatz Nr. 1“ gepocht – sonst komme er nicht und der Umzug platze. Das frühere Staatsratsgebäude als Zeugnis ungeliebter deutscher Geschichte will er dafür niedertrampeln, aus Mißachtung der Vergangenheit und lauter Bosheit, soll doch der Blick des Außenministers aus dem Fenster bis zum Horizont reichen. Die erneute Drohgeste „Staatsrat gegen Umzug“ ist bar jeder Vernunft: Denn Berlin hat, im Unterschied zu Kinkel, nach den Tagen unbezahlbarer Euphorie, daran gearbeitet, daß Stadt und Staat gemeinsam eine Zukunft haben. Anstelle dem blinden Abrißbegehren des Staatsratsgebäudes einfach nachzugeben und Stadtgeschichte trostlos zu entsorgen, ließ die Kommune von Bernd Niebuhr – einst Gewinner des Spreeinselwettbewerbs, der selbst die baulichen DDR- Relikte lieber heute als morgen in den Orkus schicken wollte – Varianten planen, die das denkmalgeschützte Regierungsgebäude bewahren und dem Außenamt dort einen Standort sichern sollen. Heraus kam kein fauler städtebaulicher Kompromiß, kein historisierendes Legoland, sondern ein Bauprogramm, das zukünftige Ministerium unterzubringen und peu à peu zu entwickeln. Genau das soll umzugsschädlich sein? Umzugsschädlich ist, wie Kinkel mit Saurierfüßen über den Berliner Stadtplan trampelt und meint, wo es ihm paßt, gewaltige Spuren hinterlassen zu können. Rolf Lautenschläger
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