Baukunst: Aktionstag erinnert an teure Ruine
Der Brunnen im Görlitzer Park ist eine Ruine - von Beginn an. Zum zehnjährigen Jubiläum der Anlage will eine Bürgerinitiative, dass endlich etwas passiert.
Überall Graffiti, Absperrgitter und Schutt: Die Brunnenanlage Pamukkale im Görlitzer Park in Kreuzberg ist als solche längst nicht mehr erkennbar. 1998 als prunkvolles Symbol für die deutsch-türkische Gemeinschaft gebaut, vermittelt die Ruine heute einen trostlosen Eindruck.
Zum zehnjährigen Jubiläum des 3,8 Millionen DM teuren Brunnens veranstaltet die dafür eigens gegründete Bürgerinitiative Pamukkale am Samstag einen Aktionstag, bei dem auf den schlechten Zustand der Anlage aufmerksam gemacht werden soll. Rainer Voss, einer der Initiatoren, sagte: "Es entsteht der Eindruck, dass der Bezirk kein großes Interesse an dem Park hat. Es wurden weder Rücklagen noch Pläne für die Nachnutzung geschaffen." Irmgard Klette, die sich seit fast 50 Jahren für den Görlitzer Park einsetzt, bestätigt: "Schon die Realisierung des Brunnens war ein Kampf mit dem Bezirk wegen der gefürchteten Folgekosten."
Bereits nach dem ersten Winter bröckelte der Brunnen, und der angeblich frostbeständige Kalkstein riss. Bezirk und Künstler Wigand Witting liegen seither im Rechtsstreit. Im kommenden November werde das Kammergericht wohl das abschließende Urteil fallen, sagt Baustadträtin Jutta Kalepky (parteilos): "Die durch witterungsanfälliges Baumaterial entstandene Schadenshöhe ist noch unklar."
Das Lästige an dem langen Gerichtsverfahren sei aber nicht nur der fortschreitende Verfall, sondern auch die andauernde fehlende Nutzungsmöglichkeit und die optische Auswirkung auf die Parklandschaft. "Den Bewohnern des Bezirks wird ein nicht ersetzbarer Erholungswert vorenthalten", findet Voss. "Die Initiative fordert deshalb ein umgehendes Konzept für eine Zwischenlösung und auf Dauer auch die Wiederherstellung des Brunnens. Auch ein Konzept zur Finanzierung muss her." Der Brunnen darf seit Beginn des Rechtsstreits nicht zwischengenutzt werden. Interessierte Sponsoren und Nutzungsvorschläge seien bisher abgelehnt worden, so die Initiative.
Das Areal ist seit Juli dieses Jahres auf ganzer Fläche abgesperrt, da die Ruine laut einem neuen Gutachten Leib und Leben gefährdet. "Die Porosität der Anlage ist enorm, einzelne Stellen könnten schon unter dem Gewicht eines Kindes einbrechen", erklärt die Stadträtin. "Da der Bezirk für solche Unfälle haftbar ist, können die Bauzäune leider nicht entfernt werden."
Eine Rückversetzung in den Ursprungszustand ist wegen des völlig verwitterten Baumaterials mittlerweile fast unmöglich, vermutet Kalepky. Bis zu einem Urteilsspruch sei die Zukunft des Brunnens ohnehin ungewiss. "Nicht nur wegen des Geldmangels, sondern auch durch das Mitspracherecht des Künstlers bei der Nachnutzung wird noch viel Zeit ins Land gehen", befürchtet Voss.
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