Bauern wollen die Macht in Molkereien: Wut beim Milchgipfel
Zwei Wochen nach dem Ende des Milchstreiks ist von den versprochenen Preiserhöhungen wenig übrig. Die Bauern wollen Grundlegendes ändern.
In den Stunden vor dem Milchgipfel kocht der Streit zwischen Milchbauern und Molkereien über: Anlass ist ein Mitgliederrundbrief des Bundes Deutscher Milchbauern (BDM), der am Donnerstag bekannt wurde. Darin zieht der Verband Bilanz des gerade beendeten Milchstreiks und beanstandet das Verhalten der Molkereien während der Arbeitsniederlegung. So hätten die Molkereien "es vorgezogen, alles zu unternehmen, um den Streik der Bauern zu unterlaufen". Der Verband der Molkereien weist diesen Vorwurf zurück: Die Milchwirtschaft habe sich immer für die Bauern eingesetzt.
Doch BDM-Sprecherin Jutta Weiß nennt der taz ein Beispiel: Nach dem Streik hätten einige Molkereien angekündigt, die Milch erst mit ein paar Tagen Verzögerung abzuholen. Erst als der Verband gedroht habe, sich selbst um den Vertrieb zu kümmern, hätten die Molkereien eingelenkt.
Erstaunlich ist dieser Konflikt, weil die Molkereien in Deutschland überwiegend genossenschaftlich organisiert sind - und die Bauern somit ein Mitspracherecht haben. Doch Weiß meint: "Dieses Mitspracherecht gibt es bis jetzt nicht wirklich." Die Bauern könnten ihre Rechte beispielweise aus zeitlichen Gründen nicht wahrnehmen: Vorstand, Aufsichtsrat und Geschäftsführung der Molkereien arbeiteten Vollzeit, während die Landwirte in der Genossenschaft nur ehrenamtlich tätig seien. Der einzelne Bauer verfolge darum auch nicht jede Entscheidung der Molkereien. Weiß fordert: "Die Bauern müssen ihr Mitbestimmungsrecht stärker ausüben." Dazu gehöre auch, dass sich die Bauern besser organisierten. Nach Ansicht von Weiß sollten sie ihre eigenen Positionen etwa durch außerordentliche Versammlungen stärken - und gegebenenfalls eine neue Führung wählen.
"Das würde höchstens zum Teil helfen", sagt dagegen Ulrich Jasper von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Er macht "strukturelle Probleme" für die derzeitige Situation verantwortlich. Vor allem lange Kündigungsfristen würden die Bauern an die Molkereien binden, regionale Oligopole der Molkereien täten ihr Übriges. Doch auch Jasper stimmt zu: "Vieles läuft in den Genossenschaften an den Bauern vorbei."
Ob die Landwirte von Seiten der Politik mit Unterstützung rechnen können, sollte sich erst am gestrigen Donnerstagabend zeigen. Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) hatte Vertreter des Deutschen Bauernverbandes und des BDM zum Gespräch geladen. Sie wollten zum Beispiel über finanzielle Entlastungen für Milchbauern diskutieren. In den nächsten Tagen will Seehofer eventuell noch den Einzelhandel einladen.
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