: Bauern-Villa überplant
STADTPLANUNG Einer der letzten Höfe des Dorfes Neuenland soll einem Autobahnknoten weichen. Der 80 Jahre alte Landwirt klagt gegen die Zwangsenteignung
Von Klaus Wolschner
An der Neuenlander Straße liegt ein Bauernhof. Eigentlich ist es eine Villa mit großzügigem Atrium und mindestens 200 Quadratmetern Wohnfläche, erbaut im Jahre 1909. Im Treppenhaus ist damals ein Jugendstil-Bild auf den Putz gemalt worden. Bis 1919 hat hier der „Landrat“ des Dorfes Neuenland residiert, da wurde getraut und aufgebahrt.
Versteckt liegt das Haus hinter einem grünen Wall, man sieht es kaum, wenn man nicht zu Fuß vorbei geht – aber wer geht da schon zu Fuß vorbei! Tausende von Autos fahren hier jeden Tag, fünf Meter vor der Haustür geht der Rechtsabbieger von der Neuenlander Straße in die Kattenturmer Heerstraße. Risse sind im Haus von früheren Rammarbeiten, die Erschütterungen der LKWs haben drei alte Fensterscheiben zerspringen lassen. Denn hier biegen hunderte von LKWs ab, für die die Kattenturmer Heerstraße eine Abkürzung auf dem Weg zur A 1 ist. Absurderweise ist der – vermeidbare – Rückstau der LKWs ein verkehrsplanerisches Argument dafür, dort einen großen Verteilerknoten zu planen.
Jeden Tag gegen 17 Uhr ist vierhundert Meter weiter auf der A 281 ein weiterer Stau, dort nämlich, wo die LKWs vom Güterverkehrszentrum auf die Neuenlander Straße einbiegen wollen. Laut Planfeststellungsbeschluss sollte die Verbindungs-Rampe vierspurig sein, eine ampelfreie Anbindung des bisher gebauten Teilstücks der A 281 an die A1 wäre längst möglich. Aber die Verkehrsplaner haben ohne großes Aufheben die Einbiegung verengt, Ampeln stehen lassen. Böse Zungen sagen, der Verkehrsstau dort sei gewollt, um die weiteren Baupläne begründen zu können. Erstaunlicherweise hat die Handelskammer nicht gegen diesen Bubenstreich protestiert.
Auch der Verkehrsstau vor dem historischen Bauernhaus scheint gewollt – er dient als Begründung für das, was die Bürgerinitiativen „Monsterknoten“ nennen: Ein Straßenbauwerk, das wie eine kleine Kopie des Utbremer Verkehrsknotens erscheint und den Verkehr in die Kattenturmer Heerstraße leiten soll, die eigentlich entlastet werden soll. Da, wo derzeit das alte Klavier im Atrium steht, soll die Abbiegung entlang führen. Der idyllische Garten, der einen Preis als Landschaftsdenkmal verdient hätte, würde zur Rampe.
Schon vor sieben Jahren haben Bremens Stadtplaner dem Bauern, Jahrgang 1928, gesagt, dass er da weg muss. Aber der ist stur wie Bauern sind und sagt heute, dass die Herausforderung ihn jung gehalten habe. Früher hatte er hier Rinder und lieferte Schafsblut an die bremischen Kliniken, heute befasst er sich mit seinen 7.000 Büchern. Schon deshalb kann er nicht ins Altersheim.
Vor dem Bundesverwaltungsgericht klagt er gegen die drohende Enteignung. Die wäre völlig überflüssig, wenn – wie es derzeit „politischer Wille“ ist – die Autobahn unter der Landebahn hindurch direkt an die A1 angebunden würde. Aber die Pläne zeigen deutlich ein anderes Bild: Die Autobahn-Trasse soll weiter über das Bauerngrundstück auf die Neuenlander Straße führen, die „direkte“ Anbindung an die A1 ist als Bundesstraße eingezeichnet, also nur als Autobahn-Abfahrt.